Künstlicher Muskel könnte Elektromotoren in Roboter ersetzen

Ein elektrohydraulischer Aktuator als künstlicher Muskel für Roboter hat viele Vorteile gegenüber elektromotorischen Aktuatoren.

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Das Roboterbein mit seinem elektrohydraulischen Aktuator hüpft im Kreis und passt sich dabei adaptiv dem Untergrund an.

(Bild: Thomas Buchner, Toshihiko Fukushima)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Forschungsteam der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme (MPI-IS) haben in der Forschungspartnerschaft Max Planck ETH Center for Learning Systems (CLS) ein Roboterbein mit einem künstlichen Muskel entwickelt, der auf elektrohydraulischen Aktuatoren beruht. Der künstliche Muskel könnte später in Robotern verwendet werden und dort elektromotorisch angetriebene Aktuatoren ersetzen.

Elektromotorische Aktuatoren arbeiten nicht besonders energieeffizient. Etwa in einem Roboterbein eingesetzt benötigen sie im gebeugten Zustand des Beines sehr viel Energie, um die Position halten zu können. Dabei entsteht Wärme, die abgeführt werden muss. Dazu werden zusätzlich Kühlkörper und Lüfter benötigt, die ebenfalls Energie verbrauchen.

Das Forschungsteam setzt deshalb elektrohydraulische Aktuatoren ein, die sie in der Studie "Electrohydraulic musculoskeletal robotic leg for agile, adaptive, yet energy-efficient locomotion" beschreiben, die in Nature Communications erschienen ist. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um mit Öl befüllte Plastikbeutel. Etwa die Hälfte der Beutel ist mit einem leitfähigen Material beschichtet und bildet je eine Elektrode. Wird eine Spannung angelegt, so werden die Elektroden aufgrund der statischen Elektrizität zueinander hingezogen. Das Öl im Beutel wird auf eine Seite gepresst, wodurch der Beutel sich verkürzt.

Die Aktuatoren werden paarweise über künstliche Sehnen mit dem Skelett verbunden. Sie simulieren so die Muskelbewegungen wie bei einem Tier oder Menschen. Verkürzt sich der eine Muskel, dann verlängert sich automatisch sein Gegenspieler. Um das künstlich zu erzeugen, benutzen die Wissenschaftler Hochspannungsverstärker, die über einen Computer über einen entsprechenden Algorithmus angesteuert werden. Der Algorithmus koordiniert dabei, welcher Aktuator sich zusammenzieht und welcher sich ausdehnt.

Die Forscher stellten fest, dass ihr System in einem Roboterbein im Gegensatz zu elektromotorischen Roboteraktuatoren eine Reihe von Vorteilen aufweist. So bleibt etwa die Wärmeentwicklung der elektrohydraulischen Muskeln – egal in welcher belastenden Position die künstlichen Muskeln stehen – gleich. Es wird also kein Wärmemanagementsystem benötigt. Die Forscher zeigten weiterhin, dass das Bein in der Lage ist, das eigene Gewicht nahezu explosionsartig anzuheben. Dabei bleibe das Roboterbein jedoch elastisch, um sich flexibel an das jeweilige Terrain anpassen zu können.

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"Das ist bei Lebewesen nicht anders. Wenn wir zum Beispiel unsere Knie nicht beugen können, wird das Gehen auf unebenem Untergrund sehr viel schwieriger", sagt Robert Katzschmann vom ETH und einer der beiden Leiter des CLS. "Denken Sie nur an einen Schritt vom Bürgersteig auf die Straße."

Der künstliche Muskel passt sich dabei automatisch an. Es werden lediglich zwei Eingangssignale benötigt, eines zum Beugen, das andere zum Strecken des Gelenks. Dem Roboterbein gelingt es so, sich etwa bei einem Sprung an das Gelände anzupassen. Das Beingelenk bewegt sich je nach Härte des Untergrunds adaptiv in einen geeigneten Winkel, um das Gewicht abzufedern. Anders sieht das bei elektromotorischen Aktuatoren aus: Sie müssen über Sensoren den Winkel des Beins ständig abfragen und entsprechend anpassen.

Die Wissenschaftler räumen jedoch ein, dass noch einige Entwicklungsarbeit in die elektrohydraulischen Aktuatoren und deren Ansteuerung fließen muss, bis es in einem Roboter eingesetzt werden kann. Bisher ist das Bein noch an einer Stange befestigt, an der es im Kreis springen kann. Frei bewegen kann sich das Bein bisher noch nicht.

(olb)