Kursbeben am Kryptowährungsmarkt: Binance will FTX übernehmen

Erst sorgen Insolvenzgerüchte um die Börse FTX für heftige Kapriolen beim Kryptogeldhandel. Nun will die Börse Binance die trudelnde Konkurrenz schlucken.

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Kurskurve, dahinter eine Münze mit Bitcoin-Logo

(Bild: Shutterstock)

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Die weltgrößte Kryptowährungsbörse Binance hat die Absicht, ihren Konkurrenten FTX.com zu übernehmen, der vor allem bei Kryptoderivaten ein Schwergewicht ist. Dem sind Gerüchte vorausgegangen, dass FTX zahlungsunfähig sein könnte. Das sorgte für handfeste Panik am Markt und Abstürze diverser Coins. Besonders hart traf es den zur angeblich bedrohten Börse gehörigen FTX Token, der binnen einer Woche über die Hälfte an Wert einbüßte.

FTX habe wegen einer schweren Liquiditätsklemme um Hilfe gebeten, erklärte Binance-Chef Changpeng Zhao via Twitter. Um die Nutzer zu schützen, habe Binance eine unverbindliche Absichtserklärung für eine Übernahme von FTX unterzeichnet, sagte Zhao. Eine Due-Diligence-Prüfung für den Deal werde in den kommenden Wochen folgen.

FTX verzeichnete in den vergangenen Tagen massive Abflüsse von Mitteln. Daten des Dienstes Coinglass zufolge wurden während der vergangenen 24 Stunden fast 20.000 Bitcoin von der Börse abgezogen, zur Stunde sind lediglich rund 35 Bitcoin verblieben. Und schon am Montag holten laut Nansen Research Kunden 1,2 Milliarden US-Dollar an Ethereum und ERC-20 Tokens von der Plattform. Angetrieben waren die Nutzer wohl vom Gedanken an zahlreiche Pleiten, wie beim Kryptowährungsdienst Celsius. Der hat noch vor seiner Insolvenz alle Abhebungen von Kundeneinlagen eingefroren – und seitdem nicht wieder freigegeben.

In Folge der Übernahme-Ankündigung schlugen die trudelnden Kurse kurzzeitig wieder ins Gegenteil um. Allein Bitcoin machte nach dem Sturz einen Wertsprung von über 1000 US-Dollar. Doch danach sackte der gesamte Markt auch schon wieder ab.

FTX-Gründer und Chef Sam Bankman-Fried bedankte sich bei Zhao und Binance. Es sei eine nutzerfreundliche Entwicklung, die der gesamten Branche zugutekomme, sagte er – und lobte im gleichen Zuge die Errungenschaften Zhaos für den Aufbau der globalen Kryptogeldbranche. Das FTX-Team arbeite nun daran, das Backlog noch ausstehender Abhebungen abzuarbeiten. Alle Einlagen seien gedeckt, versicherte Bankman-Fried. Berichte über einen Konflikt zwischen beiden Börsen bezeichnete er als Gerüchte und erklärte: "Wir sind in besten Händen."

Die Kryptoszene spekuliert darüber, wie groß das Finanzloch in Bankman-Frieds Firmenkonstrukt gewesen sein mag, dass er sich zum Verkauf genötigt sah. Wie der Fachdienst The Block unter Berufung auf Insider schreibt, soll FTX nach Geldspritzen in Höhe von 10 Milliarden bis 20 Milliarden US-Dollar gesucht haben.

Den Turbulenzen vorausgegangen war eine öffentliche Auseinandersetzung beider Börsenchefs. Changpeng Zhao kündigte am Sonntag an, dass er FTX-Tokens, die Teil eines 2,1 Milliarden US-Dollar schweren Deals gewesen seien, auf den Markt werfen wolle. Er berief sich dabei auf kürzlich ans Licht gekommene Enthüllungen, ohne das zu konkretisieren. Auch die genaue Summe an Tokens nannte er nicht.

In weiteren Tweets begründete er den Schritt mit Risikomanagement und zog Parallelen zum Desaster um den Stablecoin Terra. Außerdem sprach er davon, dass er niemanden unterstütze, der hinter seinem Rücken gegen andere Firmen der Kryptobranche lobbyiere.

Der FTX Token ist ein ERC-20-Token auf der Ethereum-Blockchain, der von Bankman-Frieds Börse FTX herausgegeben wird. Er kann unter anderem auf der Plattform für Tradingrabatte genutzt werden. FTX verspricht dabei, mit regelmäßigen Nachkäufen den Kurs stabil zu halten und gekaufte Coins zu vernichten.

Die von Zhao genannten Enthüllungen könnten einen Bericht des Fachdienstes Coindesk über Bankman-Frieds separat geführte Investmentfirma Alameda Research meinen. Unter Bezug auf interne Dokumente schrieb Coindesk, dass ein erheblicher Teil der 14,6 Milliarden US-Dollar schweren Vermögensbilanz von Bankman-Frieds Firma Alameda Research aus FTX Token seiner eigenen Börse bestehe.

Sam Bankman-Fried antwortete am Montag, dass ein Wettbewerber FTX mit Gerüchten zu schaden versuche. Er beteuerte, dass es keine finanziellen Engpässe gäbe und Nutzer sich keine Sorgen machen müssten. Den Kursverfall des FTX Tokens und die einsetzende Panik am Markt konnte er damit nicht stoppen.

(axk)