LKW-Mautsystem kein Exportschlager

Bei der gestern endenden Ausschreibung zur tschechischen LKW-Maut zogen die beiden deutschen Firmen T-Systems und Siemens ihre Bewerbungen zurück. Damit ist das deutsche Mautsystem in Tschechien aus dem Rennen.

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Von
  • Detlef Borchers

Das vom Konsortium Toll Collect betriebene satellitengestützte Maut-System ist allen Beteuerungen zum Trotz kein Exportschlager. Bei der gestern beendeten Ausschreibung zur tschechischen LKW-Maut zogen die beiden deutschen Firmen T-Systems und Siemens ihre Bewerbungen zurück. Damit ist das deutsche Mautsystem in Tschechien aus dem Rennen. Um den Auftrag, etwa 1000 Autobahnkilometer und alle Landstraßen höherer Ordnung zu bemauten, bewerben sich nunmehr nur drei Konsortien mit österreichischer, schweizer und italienischer Maut-Technik.

Bis zur letzten Sekunde der Abgabefrist zur tschechischen LKW-Maut sollen Vertreter von T-Systems mit einem Stapel fertiger Bewerbungsunterlagen in Prag auf den erlösenden Anruf aus der Zentrale der deutschen Telekom gewartet haben, in das Bieterverfahren einzusteigen. Doch der Anruf erfolgte nicht. T-Systems bekam keine Genehmigung, das deutsche Mautsystem zu exportieren. Gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur CTK begründete ein Sprecher von T-Systems den Ausstieg in letzter Minute mit "nicht realistischen Terminen", die von der tschechischen Regierung in der Ausschreibung festgesetzt worden seien. Zwei Wochen zuvor hatte sich bereits Siemens aus dem Bieterverfahren verabschiedet. Dort steht nach den Querelen um die Handysparte auch der Bereich Verkehrstelematik auf dem Prüfstand. Kaufinteressenten für diese Sparte, die praktisch alle deutschen OBUs für das Mautsystem von Toll Collect produziert, sollen aus dem asiatischen Raum kommen. Mit dem Wegfall der Siemens-OBUs ist T-Systems praktisch ohne Subkontraktor für die Einbaugeräte und musste schon aus diesem Grunde aus dem Bieterverfahren in Tschechien aussteigen.

Dennoch entbehrt die Begründung für den Ausstieg von T-Systems nicht jeder Grundlage. Die tschechische Ausschreibung ist sehr kompliziert, mit einigen engen Terminen. Ursprünglich sollte die Ausschreibung nach den neuen EU-Richtlinien für Mautsysteme erfolgen, die keine Beschränkung der Mautzahlungen auf das "hochrangige Straßennetz" mehr enthält und damit eine Flächenmaut zulässt, wie sie die Schweiz hat. Die Verabschiedung dieser Richtlinie wurde insgesamt dreimal verschoben und zwang die tschechische Regierung dazu, die Ausschreibung nach den alten EU-Richtlinien umzuschreiben, nach denen eine lastabhängige LKW-Maut nur auf Autobahnen und Fernstraßen 1. Ordnung erhoben werden darf.

In diesem Zusammenhang sorgt eine Bemerkung von Bundesverkehrsminister Stolpe (SPD) für Unruhe. Dieser hatte auf einer Wahlkampftour nach Angaben des Konstanzer Südkuriers (Zusammenfassung: Verkehrs-Rundschau) erklärt, dass das Maut-Konsortium keine Anlaufkosten mehr, sondern nur noch Betriebskosten habe, die zudem laufend sinken würden. Deshalb könne der Bund einen deutlich höheren Anteil an der LKW-Maut fordern. Inzwischen hat ein Sprecher des Verkehrsministerium den Bericht des Südkuriers dementiert. Stolpe habe sich nicht zum deutschen Maut-System geäußert, sondern zum Export des Maut-Systems ins Ausland, an dem der Bund angemessen beteiligt werde müsse. Als Exportländer nannte der Sprecher Tschechien und China. (Detlef Borchers) / (se)