Landwirte fassen nur langsam im Internet Fuß

Trotz einiger Bestrebungen von Verbänden fassen Bauern nur langsam als Anbieter von Waren im Internet Fuß.

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Von
  • Bettina Behler
  • dpa

Nur langsam fassen Bauern als Anbieter von Waren im Internet Fuß. Für leicht verderbliche Lebensmittel sind kurze Wege zum Verbraucher nötig, und offenbar ist der direkte Kontakt zum Kunden Erfolg versprechender als der virtuelle Auftritt im Netz. Etwa in Hessen bieten erst ganz wenige Bauern ihre Erzeugnisse auf diesem Weg an. Zum Beispiel Gutsbesitzerin Karin Behlen aus Ilschhausen (Kreis Marburg-Biedenkopf): Zwar verderben ihre Schnäpse auch auf langen Transportwegen nicht, aber dennoch werden sie auf ihrer Homepage nur selten angeklickt.

Verärgert zieht die Vorsitzende der hessischen Direktvermarkter nach zwei Jahren im Netz Bilanz: "Ich bin eigentlich stinksauer." Für die wenigen Aufträge, die sie per Mausklick erreicht haben, musste sie einige Mühen auf sich nehmen. Zuerst klappte die Zusammenarbeit mit dem Provider nicht, dann ging der Pleite. Hinzu kamen wie bei allen Bestellungen Transportprobleme. Halb leer getrunken und mit Wasser aufgefüllt trafen via Internet georderte Flaschen aus ihrer Obst- und Kornbrennerei in Berlin ein. "Den Schaden von 2000 Mark musste ich selber tragen."

Dennoch will Behlen weiter machen. "Ich will zeigen, dass Bauern nicht nur mit der Mistgabel, sondern auch mit neuen Medien umgehen können." Deshalb biete die Vereinigung der Direktvermarkter in diesem Winter wieder Seminare an. Auch der Hessische Bauernverband will die Landwirte in der kalten Jahreszeit anregen, das Netz als Marktplatz zu nutzen. Bisher seien zwei bis drei Prozent der Agrarbetriebe im Land mit ihren Produkten im Internet vertreten, schätzt Martin Scholtz, EDV-Experte des Verbandes. Alternative Betriebe seien aufgeschlossener als konventionell wirtschaftende. Scholtz wirbt im Winter regelmäßig bei Junglandwirte-Stammtischen für das Internet.

Unter www.agrinet.de bietet der Verband seit Anfang 2000 Direktvermarktern Handwerkszeug für ihren Online-Auftritt. Für 70 Mark im Monat können Bauern Mitglied im Shop-System werden – dazu hatte sich allerdings auch am Jahresende noch keiner entschlossen. Für die Direktvermarkter lässt Behlen derzeit einen gemeinsamen Internetauftritt erarbeiten. Sie erwartet, dass 75 der rund 400 Mitglieder in Hessen im kommenden Jahr mitmachen werden. Einig sind sich die Interessenvertreter, dass der Erfolg von der Lösung der Transportfrage abhängen wird. Karin Behlen prüft unter anderem ein Angebot der Post, haltbare Produkte wie Nudeln oder Kräuter zu einem günstigen Tarif zu versenden.

Hans-Hermann Harpain vom Hessischen Bauernverband ist skeptisch, dass sich mit dem Direktverkauf große Gewinne erzielen lassen. Ein paar Ahle Würste von Kassel nach Frankfurt zu verschicken – damit lasse sich nichts verdienen. Er glaubt, dass sich nur der Verkauf an Großabnehmer lohne. Ähnlich sieht es Wilfried Schäfer, Geschäftsführer der von der Ernährungswirtschaft und Landwirten getragenen Marketinggesellschaft "Gutes aus Hessen". Er setzt deshalb nicht auf Privatkunden, sondern möchte bei ECO-DELI dabei sein, einem überregionalen Konzept, an dem die Centrale Marketinggesellschaft der Agrarwirtschaft (CMA) in Bonn arbeitet.

Eine Entscheidung, die Jochen Führer von der Abteilung Landtechnik der Universität Gießen bedauert. Gemeinsam mit der Behinderteneinrichtung Hephata in Schwalmstadt bietet er unter hessen-markt.de Bauern ein Forum. Flankiert von touristischen Angeboten und Landeskunde präsentieren sich auf diesen Internetseiten rund 450 Betriebe aus allen Branchen, darunter auch einige Landwirte. Direkt bestellen kann man aber nicht bei allen. (Bettina Behler, dpa) / (jk)