Leben auf der Venus? Mehr Widerspruch gegen angeblichen Fund von Phosphin

Zwei Forschergruppen haben den angeblichen Fund von Phosphin auf der Venus untersucht und widersprechen nun. Entschieden ist die Debatte damit aber nicht.

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Künstlerische Darstellung der angeblich in der Venusatmosphäre gefundenen Moleküle

(Bild: ESO/M. Kornmesser/L. Calçada & NASA/JPL/Caltech)

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An dem Fund des seltenen Moleküls Phosphin (PH3) in der Atmosphäre der Venus gab es schon seit einer Weile Zweifel, zwei neue Analysen vertiefen diese nun. So hat eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern die Spektren unabhängig davon untersucht und keine Spuren des Moleküls gefunden. Eine andere Gruppe erklärt, die erste Spur weise nicht auf Phosphin, sondern ein anderes Gas hin, das auf der Venus sehr häufig vorkomme.

Beide Arbeiten wurden nun im Fachmagazin Astrophysical Journal Letters veröffentlicht, berichtet das US-Wissenschaftsmagazin Nature. Demnach können es die Studien aber nicht völlig ausschließen, dass die Hinweise auf Leben auf der Venus entdeckt wurden.

Das hatten Wissenschaftler im September 2020 verkündet und damit weltweite Aufmerksamkeit erlangt. Die Gruppe von Astronomen hatte demnach dort mit Monophosphan beziehungsweise Phosphin (PH3) ein Molekül gefunden, das auf der Erde nur als Industrieprodukt vorkommt, oder von Mikroben produziert wird. Erste Spuren hatten sie demnach mit dem James Clerk Maxwell-Teleskop (JCMT) gefunden, bestätigen konnten sie die mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) der Europäischen Südsternwarte (ESO). Die Forscher hatten demnach eine ganze Reihe von alternativen Erklärungsmöglichkeiten ausgeschlossen und entschieden darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Bestätigung von Leben auf unserem Nachbarplaneten handelt.

Nachdem es um die ursprüngliche Veröffentlichung bereits eine Kontroverse gegeben hatte, kamen später Zweifel an den Daten des Riesenteleskops ALMA hinzu. Die wurden danach von den Verantwortlichen zurückgezogen, erneut aufbereitet und ein zweites Mal veröffentlicht. Während die Autoren der ersten Studie die Spur des Phosphins auch in diesem zweiten Datensatz gefunden haben wollen – nur deutlich schwächer –, widerspricht nun eine Gruppe um Alex Akins vom Jet Propulsion Laboratory der NASA: "Wir konnten sie [die Spektrallinie] einfach nicht sehen", zitiert ihn Nature. Demnach handelt es sich um die erste unabhängige Analyse der neuen ALMA-Daten.

Der zweite Widerspruch kommt von einer Forschergruppe unter Leitung von Victoria Meadows von University of Washington. Die haben demnach zwar eine Spektrallinie beobachtet, die bei der richtigen Frequenz liegt, aber sie kommen zu einer anderen Schlussfolgerung über deren Ursprung. Demnach liegt die dort wo nicht nur Phosphin seine Spur hinterlassen würde, sondern auch Schwefeldioxid (SO2). Das gibt es in der Venusatmosphäre häufig und ist kein Hinweis auf Leben. Als sie die Spektrallinie dieses Gases in den ALMA-Daten gesucht hätten, hätten sie die nicht dort gefunden, wo sie erwartet worden wäre. Das legt für sie nahe, dass es sich bei der gefundenen Spur nicht um die von Phosphin in einer Höhe von 50 bis 60 Kilometern, sondern eben von Schwefeldioxid in Höhen von 80 Kilometern handelt.

Der Widerspruch gegen den verkündeten Nachweis von Phosphin kommt damit aus unterschiedlichen Richtungen, die sich aber nicht unbedingt widersprechen. Schon in den ursprünglichen Daten hatten weitere Forscher aus den Niederlanden keinen "statistisch signifikanten Nachweis von Phosphin" finden können. Die neuen Analysen würden die ursprüngliche Behauptung aber nicht eindeutig entkräften, gestehen die Autoren ein: "Es gibt genug Spielraum", erklärt etwa Meadows. Abschließend könne der Streit erst mit neuen Beobachtungen entschieden werden und die seien für die kommenden Monate bereits angesetzt.

(mho)