Linux-Distribution: Mehr Privatsphäre und Barrierefreiheit in Elementary OS 7.1

Die neue Elementary-OS-Version setzt zahlreiche Vorschläge aus der Community um, weist Anwendungen stärker in ihre Schranken und erhöht die Barrierefreiheit.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 67 Kommentare lesen
Elementary OS 7.1-Desktop auf Laptop auf Tisch

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Tim Schürmann
Inhaltsverzeichnis

Rund ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung von Elementary OS 7 "Horus" liegt die Linux-Distribution in der überarbeiteten Fassung 7.1 vor. Sie fasst im Wesentlichen alle bereits in den letzten Monaten veröffentlichten Updates zusammen, deren Neuerungen vor allem auf Anregungen der Nutzergemeinde zurückgingen.

Gleich mehrere Maßnahmen sollen die Privatsphäre verbessern. So löscht Elementary OS 7.1 auf Wunsch selbstständig Screenshots, die länger als 30 Tage auf der Festplatte lagern. Welche Zugriffsrechte ein Programm voraussetzt, verrät die Softwareverwaltung AppCenter in der zugehörigen Beschreibung. Wer ein Programm aus Flathub oder anderen Flatpak-Repositories installiert, dem präsentiert das dafür zuständige Werkzeug Sideload ebenfalls die von der entsprechenden Anwendung geforderten Rechte. Das AppCenter sortiert alle per Sideload eingespielten Programme jetzt in die passenden Kategorien ein und behandelt sie nicht mehr separat.

Weitere Anpassungen betreffen die vom Freedesktop.org-Projekt erdachten und auch von Elementary OS genutzten Portale. Sie reglementieren den Zugriff auf das Dateisystem und viele andere Systemkomponenten. Der mitgelieferte Kalender und das hauseigene E-Mail-Programm verwenden ab sofort das File-Chooser-Portal, das den Zugriff auf Dateien steuert. Die Location Services, über die Anwendungen den Standardort abfragen, haben die Elementary-OS-Entwickler auf das Locations-Portal portiert. Welche Programme den aktuellen Standardort auslesen dürfen, lässt sich in den Systemeinstellungen im Bereich "Ortsdienste" regeln. Abschließend bietet Elementary OS 7.1 das Background-Portal an. Bei ihm werden Anwendungen vorstellig, die automatisch mit dem System starten oder dauerhaft im Hintergrund arbeiten möchten. In den Systemeinstellungen kann man im Bereich "Anwendungen" manuell einzelnen Programmen den Start gestatten oder umgekehrt das automatische Anlaufen verbieten. Von den hauseigenen Programmen nutzen das Background-Portal der Kalender, das E-Mail-Programm Mail sowie die Aufgabenverwaltung Tasks.

Ein weiterer Fokus der Entwickler lag auf der Barrierefreiheit. Sowohl beim Start des Live-Systems als auch beim Setup nach der Installation spricht Elementary OS 7.1 über die Lautsprecher das Tastenkürzel, das den Screenreader aktiviert. Neu eingeführte Tastenkürzel schalten schnell durch die offenen Fenster, zudem kann man in den Systemeinstellungen die Tastendrücke beeinflussen. So lässt sich etwa Elementary OS dazu überreden, dass man Sondertasten wie Alt und Strg nicht gedrückt halten muss. Tastenkombinationen lassen sich dann aufrufen, indem man die Tasten nacheinander antippt.

Wer über eine Farbsehschwäche verfügt, kann in den Bildschirmeinstellungen einen von fünf verschiedenen Farbfiltern aktivieren. Diese färben den kompletten Bildschirminhalt um und erhöhen gegebenenfalls zusätzlich den Kontrast. Jeder Farbfilter ist dabei auf eine Sehschwäche beziehungsweise Augenerkrankung abgestimmt, wie die Deuteranopie. Alternativ schaltet Elementary OS in eine fein regelbare Graustufendarstellung. Auf Wunsch verlangsamt das System die Animationen. Das kommt vor allem jenen Anwendern zugute, bei denen die schnellen Bewegungen eine leichte Reisekrankheit (Motion Sickness) auslösen.

Unter der Haube basiert Elementary OS 7.1 auf Ubuntu 22.04 sowie dessen Hardware Enablement Stack. Letztgenannter frischt einige zentrale Komponenten auf, wodurch Elementary OS jüngere Hardwarekomponenten als das ursprüngliche Ubuntu 22.04 unterstützt. Der zum Einsatz kommende Linux-Kernel 6.2 läuft etwa mit Intel-Core-Prozessoren der 13. Generation, Intels Arc-Grafik und AMD Zen-4-Prozessoren.

Das Netzwerk-Widget im Panel hat eine optische Frischzellenkur erhalten. Unter anderem verpasst es den Netzwerkschnittstellen aussagekräftigere Namen und der Umgang mit VPNs soll jetzt deutlich leichter fallen. Ferner lässt sich der Flugmodus schneller ein- und ausschalten. Auch an anderen Stellen in Elementary OS haben die Entwickler leicht an der Optik geschraubt. So passen sich die Systemeinstellungen besser an unterschiedliche Fenstergrößen an.

Abschließend liegen viele Anwendungen in neuen Versionen vor, die durchweg jedoch nur kleinere Änderungen erhalten haben. So vereinfacht die aktuelle Version von Mail an vielen Stellen die Bedienung – unter anderem lassen sich Ordner über das Kontextmenü schnell umbenennen und beim Verfassen Bilder in den Text einer Nachricht setzen. Der überarbeitete Dateimanager kann Dateien per Bluetooth verschicken und mehrere Dateien in einem Rutsch umbenennen. Der Texteditor Code geht besser Dateien um, die sich nicht direkt speichern lassen und merkt sich auf Wunsch die Sucheinstellungen bis zur nächsten Sitzung. Videos arbeitet stabiler und flotter, während Musik Audio-Dateien per Drag-and-Drop entgegennimmt. Ins Internet gelangen Anwender mit dem Gnome-Browser Web 44.6.

Wer bereits Elementary OS einsetzt, sollte bereits alle genannten Änderungen im System angewendet haben. Im Zweifelsfall genügt es, das AppCenter zu starten und sämtliche Updates einzuspielen. Die Installations-Abbilder bekommen Interessierte über die Elementary OS-Webseite nach der Angabe eines Betrags – die Angabe von "0" ist erlaubt und ermöglicht so das Ausprobieren – und den Klick auf die Schaltfläche "Elementary OS kaufen".

(dmk)