Linux-Kernel: Das Mail-gestützte Entwicklungsmodell bleibt

Die Linux-Macher haben bei der Einführung einer neuen Infrastruktur für Mailverteiler bekräftigt, zur Entwicklung des Kernels weiter stark auf E-Mail zu setzen.

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(Bild: J0hnTV/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
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Die Entwicklung des Linux-Kernel soll auch weiter über E-Mail laufen: Das ist seit fast 30 Jahren Usus, wird aber seit längerem immer mal wieder stark kritisiert, weil es zu einer hohen Einsteighürde beiträgt. Dennoch bleibt es beim Mail-gestützten Entwicklungsmodell, wie jetzt bei der Bekanntgabe einer neuen Infrastruktur zum Betreiben von Mailverteilern für die Linux-Entwicklung bekräftigt wurde.

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In der Mitteilung zur Einführung des neuen Dienstes auf kernel.org betonen die Entwickler, in der Linux-Entwickler-Gemeinschaft seien Transparenz, Unabhängigkeit und Dezentralisation grundlegende Leitmotive. Sie habe sich daher bewusst entschieden, E-Mail für die vergangene und die weitere Zusammenarbeit zu nutzen.

Die Bekanntmachung führt ferner an, in den fast 30 Jahren seit dem Start von Linux seien viele populäre Plattformen zur gemeinsamen Codeentwicklung entstanden. Einige davon seien auch noch in Betrieb, viele wurden aber eingestellt und mit ihnen verschwanden Teile der dort angehäuften Entwicklerhistorie. Der Austausch von Quellcode-Patches per E-Mail sei der einzige breit genutzte Mechanismus zur gemeinsamen Codeentwicklung, der nicht auf einer zentralen Infrastruktur setze, die irgendwer kontrolliere.

Die Wichtigkeit der Historie zeigt sich beim näheren Blick auf die aktuelle Kernel-Entwicklung: Dort gibt es immer mal wieder Diskussionen, bei denen die Entwickler zehn oder zwanzig Jahre alte Commits, Patch-Beschreibungen und Diskussionen auf Mailverteilern konsultieren, um bei aktuellen Fragestellungen über das beste Vorgehen zu entscheiden. Daher haben die Linux-Entwickler auch vor einer Weile mit lore.kernel.org ein eigenes Archiv für Mailinglisten mit Linux-Bezug geschaffen, nachdem das von vielen Open-Source-Entwicklern lange hochgeschätzte Archiv bei gmane.org vor einigen Jahren überraschend aus dem Netz verschwunden war.

Mit der neuen Infrastruktur für Mailinglisten unter lists.linux.dev und subspace.kernel.org modernisieren sie jetzt ihre in die Jahre gekommene Infrastruktur für E-Mail-Verteiler. Damit gehen sie auch einige Probleme an, denen sich Betreiber solcher Listen stellen müssen, weil große E-Mail-Betreiber es diesen mit strikteren Sicherheitsmaßnahmen immer schwerer machen.

Über Dutzende solcher Verteiler tauschen die Entwickler des Linux-Kernels nicht nur Gedanken aus, sondern auch alle Quellcode-Patches, über die sie den Kernel verbessern. In Zeiten von einfach nutzenden Diensten wie GitHub und GitLab macht es dieser Ansatz gerade Einsteigern und Gelegenheitshelfern schwer, denn nur wenige Open-Source-Projekte arbeiten auf ähnlich antiquierte Weise.

Das Verfahren hat aber auch Vorteile, so funktioniert es etwa auch mit sporadischen und dünnen Internetanbindungen. Greg Kroah-Hartman, der als zweitwichtigster Kernel-Entwickler gilt, hat 2016 im Vortrag "Patches carved into stone tablets…" Details zu diesen und anderen Vorteilen erläutert. Eine Videoaufzeichnung und die Präsentationsfolien davon finden sich bei einem Konferenzveranstalter, eine englische Zusammenfassung des Vortrags im LWN.net-Text "Why kernel development still uses email".

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(thl)