Liquidation für Betreiber der Brandenburger Chipfabrik

Auch das letzte Krümelchen Hoffnung für die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist nun verschwunden. Derweil fängt der Streit um die Schuldzuweisungen für das Scheitern des Projekts an.

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Von
  • Jürgen Kuri

Auch das letzte Krümelchen Hoffnung scheint nun verschwunden: Die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist endgültig gescheitert. Die Betreiberfirma Communicant AG werde die stille Liquidation anstreben, sagte ein Unternehmenssprecher der dpa am Freitag. Die Verträge dazu seien von den Gesellschaftern aber noch nicht unterzeichnet. Das Aus des ursprünglich mit 1,3 Milliarden Euro veranschlagten Prestigevorhabens an der deutsch-polnischen Grenze war am Vortag bereits von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) angekündigt worden.

Das vor drei Jahren in Angriff genommene Hightech-Vorhaben war ursprünglich mit einem Investitionsaufwand von 1,3 Milliarden Euro veranschlagt worden. Zu den Hauptinvestoren zählten das Emirat Dubai und der weltgrößte Chiphersteller Intel. Letztendlicher Auslöser für die Probleme und das unrühmliche Ende der Chipfabrik waren ausstehende Zahlungen des Hauptinvestors Dubai, der weitere Zahlungen von einer Bürgschaft des Bundes abhängig gemacht hatte. Das Werk in Frankfurt (Oder) sollte nach den ursprünglichen Plänen eigentlich einmal 1.300 Arbeitsplätze bieten und mit Verfahren für Silizium-Germanium-Kohlenstoff-Strukturen (SiGe:C) arbeiten. Die entsprechenden Techniken wurden vom Institut für Halbleiterphysik (IHP) in Frankfurt (Oder) in Zusammenarbeit mit Motorola entwickelt. Hergestellt werden sollten in der Foundry SiGe:C-BiCMOS-Halbleiter in einem 0,18-µm-Prozess für Kommunikationsanwendungen.

Nach dem endgültigen Aus beginnt nun auch der Streit um die Schuldzuweisungen, wer denn für das Scheitern des ehrgeizigen Projekts verantwortlich ist. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gab indirekt seinem Vorgänger Manfred Stolpe eine Mitverantwortung. Man habe vor drei Jahren in aller Öffentlichkeit einen Erfolg gefeiert, bei dem die finanziellen Vereinbarungen noch nicht unter Dach und Fach gewesen seien. Stolpe wiederum, inzwischen auch Aufbau-Ost-Beauftragter der Bundesregierung und als Verkehrsminister bereits mit dem LKW-Maut-Debakel zu nicht sehr rühmlichen Schlagzeilen gekommen, schiebt der EU-Kommission die Schuld zu: Brüssel habe erklärt, dass es mit einer bloßen Anzeige im Falle der Verkleinerung des Projektes nicht getan sei. Die Firma Communicant habe für die 4 bis 5 Monate Dauer eines neuen Notifizierungsverfahrens keine finanzielle Kraft mehr.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wies Vorwürfe an die Bundesregierung, die bereits zu hören waren, zurück. Nach Ansicht von Brandenburger Landespolitikern habe die Regierung sich nicht aktiv genug für das Projekt eingesetzt, auch die Reise von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Dubai hätte dazu genutzt werden sollen, höhere Investitionen durch das Emirat zu erreichen. Clement allerdings verneinte die Frage, ob der Bund und das Land Brandenburg großzügiger bei den Bürgschaftszusagen hätten sein müssen. Man könne keine Zusage geben für Dinge, deren Scheitern abzusehen sei.

Zur Entwicklung des Chipfabrik-Projekts in Frankfurt (Oder) siehe auch in c't aktuell: (jk)