Lunar Robotics Challenge: Die Favoriten kommen aus Finnland

Bei eisigem Wind haben die Teilnehmer der Lunar Robotics Challenge auf Teneriffa am gestrigen Donnerstagabend die letzten Vorbereitungen für den heute nach Einbruch der Dunkelheit beginnenden Wettbewerb getroffen.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Die Finnen waren mal wieder die Schnellsten. Die anderen Teams hatten gerade mal die Lötkolben aufgewärmt, da packten sie ihren Roboter schon wieder ein, sichtlich zufrieden mit der Testfahrt im Dunkeln und der Aussicht auf einen entspannten Abend im warmen Hotel. "Wir konnten gut navigieren und haben die Bodenprobe sicher erkannt", sagte ein Teammitglied.

Das verbessert die Chancen, dass zumindest die erste Wettbewerbsnacht, die am heutigen Freitag um 20:30 Uhr (Ortszeit Teneriffa) beginnt, nicht über die volle Länge von acht Stunden geht. Denn das Team von der University of Oulu wird als erstes an den Start gehen – und hoffentlich deutlich weniger als die maximal erlaubten zwei Stunden brauchen, um im Krater die rot markierte Gesteinsprobe zu finden und zur Landestation zurück zu transportieren. Auch die nachfolgenden drei Teams von der Universidad Politécnica de Madrid, der Jacobs University Bremen und der University of Surrey werden sich gewiss beeilen. Dafür sorgen nicht nur der sportliche Ehrgeiz, sondern auch die eisigen Temperaturen, die hier in 2300 Meter Höhe nachts Minusgrade erreichen.

Lunar Robotics Challenge: Die Favoriten kommen aus Finnland (6 Bilder)

DFKI-Roboter

Der DFKI-Roboter bewegte sich mit seinen fünfzackigen Sternrädern recht flott durch das steinige Gelände.

Sicher, auf dem Mond ist es noch kälter. Etwa 90 Kelvin haben japanische Wissenschaftler mithilfe der Mondsonde "Selene" im Shackleton-Krater am Südpol gemessen. In der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science" präsentieren sie Fotos vom Innern des Kraters, die mithilfe des vom oberen Kraterrand gestreuten Sonnenlichts entstanden sind. Dem Forschungsteam um Junichi Haruyama zufolge deutet auf diesen Aufnahmen mit einem Auflösungsvermögen von etwa zehn Metern nichts auf größere Mengen frei liegenden Wassereises hin. Die an den Mondpolen gemessenen erhöhten Wasserstoffkonzentrationen könnten demnach auch auf Protonenablagerungen durch den Sonnenwind zurückzuführen sein.

Aber Fernerkundungsdaten wie diese lassen immer Raum für Zweifel. Letzte Gewissheit lässt sich nur mit Untersuchungen vor Ort erzielen. So konnte die US-amerikanische Marssonde "Phoenix" vor wenigen Wochen die Existenz von Wassereis auf dem roten Planeten bestätigen. Um irgendwann einen ähnlichen Coup auf dem Mond zu landen, sind die acht Studententeams nach Teneriffa gekommen und frieren sich hier nun die Beine in den Bauch.

Allerdings wird der Nachweis von Eis auf dem Mond erheblich schwieriger als auf dem Mars. Denn wenn es dort überhaupt existiert, dann in Bereichen die permanent im Schatten liegen, also in Kratern an den Mondpolen. Keine Sonde kann da direkt landen, sondern muss in der Nähe Roboter absetzen, die dann die steile Kraterwand hinunter klettern – und möglichst auch wieder hinauf. Währenddessen müssen sie die Verbindung zur Landestation (und damit zur Erde) halten oder autonom nach interessanten Bodenproben suchen können.

Dies sind genau die Anforderungen, die bei der Lunar Robotics Challenge getestet werden. Die von den Studententeams konstruierten Roboter sind zwar durchweg noch nicht für einen Einsatz auf dem Mond geeignet, wo ihre Elektronik unter dem Einfluss der kosmischen Strahlung wahrscheinlich rasch kollabieren würde. Auch müssten die Fortbewegungsmechanismen für einen Einsatz bei verminderter Gravitation optimiert werden.

Aber grundlegende Designkonzepte können durchaus schon getestet werden. Am auffälligsten sind die unterschiedlichen Ansätze zur Mobilität der Roboter: Räder, Raupen, Beine – alles ist vertreten, auch Hybridlösungen wie die fünfzackigen "Sternräder" des Roboters vom Bremer DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz), bei denen nicht ganz klar ist, ob man von "Laufen" oder "Fahren" sprechen soll. Wie auch immer: Mithilfe dieser Technik, unterstützt durch eine Art Schaufelrad am Heck, bewegte sich der Roboter gestern recht flott durch den Sand und ließ sich auch von größeren Steinen nicht aufhalten.

Interessant ist auch das Konzept für die Orientierung im Dunkeln: Ein Laser projiziert eine rote Linie etwa einen Meter vor dem Roboter auf den Boden. Das hilft dem Operator, die Bodenform einzuschätzen und insbesondere Mulden rechtzeitig zu erkennen.

Das andere Bremer Team von der Jacobs University hat neben Stereo- und Infrarotkameras auch Laserscanner an Bord, mit dem die Roboter automatisch Umgebungskarten erstellen können. Ob diese Technologie in einem Krater mit wenig markanten Geländeformationen hilfreich ist, wird sich zeigen. Vor allem aber will das Jacobs-Team zwei Roboter ins Feld schicken, die sich mit ihren Daten und Bildern ergänzen und dem Operator dadurch die Orientierung erleichtern. Zugleich kann ein Roboter dem anderen als Relaisstation zur Aufrechterhaltung der Funkverbindung dienen. Den gleichen Ansatz verfolgt auch das Team der ETH Zürich, setzt allerdings einen radgetriebenen und einen Laufroboter ein. Letzterer soll, unterstützt durch eine Kabelverbindung, den Abstieg in den Krater wagen.

Andere Teams wie das DFKI-Team und das von der Sant‘Anna School of Advanced Studies in Pisa wollen ihre Roboter auf dem Weg in den Krater Transponder abwerfen lassen. Das ist sicherlich auch eine praktikable Lösung, allerdings bedeutet jeder zusätzliche Transponder auch eine Fehlerquelle mehr.

Die Finnen haben damit bereits schmerzliche Erfahrungen gemacht. Beim Wettbewerb C-Elrob vor gut einem Jahr im Tessin kommunizierten die Relaisstationen vornehmlich untereinander und behinderten dadurch eher die Verbindung zwischen Operator und Roboter, als dass sie sie unterstützten. Beim Einsatz im freien Gelände passieren eben immer wieder unvorhergesehene Dinge, an die im Labor niemand gedacht hat. Aber gerade diese frustrierenden Erlebnisse haben viel dazu beigetragen, dass das Team aus Oulu diesmal als Favorit in den Wettbewerb geht. Von der Kälte dürften sich die Nordmänner ohnehin nicht abschrecken lassen.

Zur Lunar Robotics Challenge siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (pmz)