MP3-Erfinder erhalten Deutschen Zukunftspreis

Der Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation, kurz unter dem Label Deutscher Zukunftspreis geführt, geht in diesem Jahr an die Erfinder der Audio-Kompressionstechnik MP3.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation, kurz unter dem Label Deutscher Zukunftspreis geführt, geht in diesem Jahr an die Erfinder der Audio-Kompressionstechnik MP3. Ausgezeichnet wurden drei Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS-A: Prof-Dr. Prof. Karlheinz Brandenburg Dipl.-Ing. Bernhard Grill und Dipl.-Ing. Harald Popp.

Zur Begründung der Preis-Verleihung erklärte die Jury: "Mit dieser Innovation wird über die Codierung akustischer Signale und die Verdichtung des Datenstromes eine Komprimierung von Musik ohne Qualitätsverlust erzielt. MP3 wurde Weltstandard und hat insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der einschlägigen deutschen Industrie gestärkt." Bundespräsident Johannes Rau verbindet mit dem Preis die Hoffnung, die besondere Bedeutung von Spitzenleistungen in Wissenschaft und Technik für eine erfolgreiche Weiterentwicklung Deutschlands stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen: "Die Ergebnisse von Forschung und Entwicklung entscheiden maßgeblich über unsere Zukunft. Sie sind der Motor für gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Erneuerung und – damit nicht zuletzt – für die individuellen Perspektiven der Menschen in unserem Land."

Neben der Komprimierungsrate und der Audio-Qualität der MP3-Dateien hob Bernhard Grill ein Prinzip des MP3-Standards als bemerkenswert hervor: "Der Empfänger [Decoder] ist festgelegt, aber man kann den Sender [Encoder] noch lange nach dieser Festlegung verbessern, wodurch wir auch nach der Standardisierung von MP3 gewaltige Fortschritte erzielen konnten."

In dem Interview zur Verleihung des Preises gingen die Wissenschaftler zudem auf die Entwicklungsgeschichte von MP3 ein und auf die aktuelle Diskussion um das Urheberrecht, das durch Techniken wie MP3 und ihre Nutzung im Internet angeblich gefährdet sei. Karlheinz Brandenburg meinte, er sei selbstverständlich der Meinung, dass Denkarbeit entlohnt werden sollte: "Es gibt die Philosophie, dass alles, was gedacht wird, frei für alle sein sollte; dieser Meinung bin ich nicht. Es ist schön, wenn Leute sich das finanziell leisten können, aber ich denke, geistige Leistungen sollten auch entlohnt werden. Da sind wir ganz auf der Seite der Musiker, der Rechteorganisationen und der Musikindustrie. Privat bin ich kein Freund von Napster, und es ist richtig, dass sie vor Gericht angegriffen werden." Und Bernhard Grill erklärte: "Die Plattenindustrie sagt, wir liefern die Werkzeuge für das Raubkopieren. Die Internet-Philosophie heißt 'alles umsonst', und jetzt wirft man Fraunhofer vor, abkassieren zu wollen. Wir wollen denjenigen, der seine Musik frei verteilen will, nicht behindern, das sollte immer noch möglich sein. Allerdings haben wir nicht unter Kontrolle, wie die Plattenindustrie ihr Eigentum schützt, auch wenn wir versuchen, Methoden zu schaffen, die einen Schutz ermöglichen."

Prof. Heinz Gerhäuser, inzwischen Leiter des Fraunhofer-Instituts IIS-A in Erlangen, meinte angesichts der Preisverleihung zu den Anfängen der MP3-Entwicklung: "Wir haben uns damals oft gefragt, ob wir den Wettbewerb gegen den Rest der Welt gewinnen können. Aber wir haben hart gearbeitet und waren immer ein bisschen besser als die Konkurrenz. Auf einem ISO-MPEG-Meeting in Japan hat mir ein amerikanischer Kollege vorgehalten, dass wir zu rücksichtsvoll und zu fair mit unseren Wettbewerbern umgehen würden. Er sagte: 'good guys never win'. Ich weiß heute, dass er nicht recht hatte."

Der Deutsche Zukunftspreis wird jährlich vergeben und ist mit 500.000 Mark dotiert. Eine Jury aus Wissenschaft und Wirtschaft bestimmt den Preisträger oder die Preisträgerin aus dem Kreis der Vorschläge, die von deutschen Einrichtungen aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft eingereicht werden. Eine Bewerbung für den Preis ist dagegen nicht möglich.

Neben den Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts waren in diesem Jahr drei weitere Kandidaten nominiert: Der Physiker Wolf-Eckhart Bulst von Siemens für die Entwicklung autarker Funksensoren, die ohne externe Energievesorgung auskommen; Dr. Georg Holzhey, Dr. Hartmut Wurster und Hans-Peter Hofmann von der Haindl Papier GmbH & Co. KG für integrierte Prozesse zur Papierherstellung; Prof. Dr. Ernst Wilhelm Otten und Prof. Dr. Werner Heil von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz für die Entwicklung der Helium-3-Kernspintomographie für die Lunge.

Am heutigen Freitag (20. Oktober) um 22:20 Uhr strahlt das ZDF eine Aufzeichnung der Preisverleihung vom gestrigen Donnerstagabend aus. (jk)