MWC: FCC-Chef will kein Internet ohne Schiedsrichter

Auf dem Mobile World Congress hat der Chef der US-Regulierungsbehörde sein hartes Duchgreifen in Sachen Netzneutralität verteidigt: Ein so machtvolles Instrument könne es nicht ohne Aufpasser geben.

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FCC-Chairman Tom Wheeler

(Bild: GSMA)

Lesezeit: 3 Min.

US-Chefregulier Tom Wheeler hat auf dem Mobile World Congress in Barcelona seine strengen Regulierungsansatz für das Internet verteidigt. "Wenn das Internet das vielleicht machtvollste Instrument derzeit ist – und ich glaube, dass es das ist – dann müssen wir uns fragen, ob es ohne einen Schiedsrichter existieren kann", sagte der Vorsitzende der US-Regulierungsbehörde FCC am Dienstagabend in Barcelona.

Die FCC hatte kurz vor dem MWC Internetzugänge in den USA zum Universaldienst erklärt und damit den gleichen strengen Auflagen unterworfen, wie sie für Telefonanschlüsse gelten. Kritiker bezeichnen das Vorgehen des Regulierers als Rückschritt in längst vergangene Zeiten. "Wir haben unser Regulierungsmodell für Netzneutralität auf dem bestehenden und sehr erfolgreichen Modell für den Mobilfunk aufgebaut", hält Wheeler seinen Kritikern entgegen. "Es geht um eine moderne Version des Universaldiensts".

Wheelers hartes Durchgreifen auf dem US-Markt hat in der Branche weltweit für Aufsehen gesorgt. Die politischen Interessen der Regierung kollidieren mit dem Wunsch der Netzbetreiber, Herr im eigenen Haus zu bleiben. Deren Bedenken hält Wheeler für überzogen. "Wir regulieren das Internet nicht mehr, als der erste Verfassungszusatz die Redefreiheit reguliert", sagte der FCC-Chef. Doch trotz des heftigen Widerstands der US-Carrier, die gegen Wheelers Entscheidung klagen wollen, zeigt sich die Branche in Barcelona auch kompromissbereit.

Denn nicht zuletzt haben große Infrastrukturbetreiber wie Deutsche Telekom, Telefónica oder Orange von der europäischen Regulierungslandschaft profitiert. "Wir finden Netzneutralität gut, aber...", bringt Telekom-Chef Tim Höttges die Position der Carrier auf den Punkt. Hinter diesem "aber" steckt der Wunsch, Spielraum für Netzwerkmanagement und Spezialdienste zu haben.

Bei der Politik treffen die Wünsche der Netzbetreiber auf offene Ohren. Auch EU-Digitalkommissar Günther Oettinger ist im Prinzip für Netzneutralität, will aber Sonderregeln für kritische Dienste zulassen. Die nächste Mobilfunkgeneration 5G brauche Netzneutralität, müsse es aber auch erlauben, dass besonders zeitsensible Spezialservices "gedeihen" könnten, sagte Oettinger am Dienstag auf dem MWC.

Telefónica-Chef Cesar Alierta plädiert für ein Konzept der "digitalen Neutralität", das nicht nur die Netzbetreiber einschließt. Auch die Diensteanbieter im Netz sollten in die Pflicht genommen werden und zum Beispiel Nutzerkonten portabel machen. Nutzer sollten ihre Daten einfach von Plattform zu Plattform übertragen können, fordert Alierta.

Hintergrund solcher Forderungen der Carrier ist deren Frustration über die unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen für Netzbetreiber und Diensteanbieter. Seit Jahren fordern die großen Infrastrukturbetreiber gleiche Regeln für alle Player im Netz. Auf dem Mobile World Congress verleihen Höttges und Co. ihrer Forderung erneut Nachdruck.

(vbr)