"Machinima" -- PC-Spieler machen Internet-Kino

PC-Spiele werden immer raffinierter, und ihre Fans nutzen die hochgezüchtete Technik nicht mehr nur zum Schlagabtausch mit virtuellen Finsterligen.

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Von
  • Tilman Streif
  • dpa

PC-Spiele werden immer raffinierter, und ihre Fans nutzen die hochgezüchtete Technik nicht mehr nur zum Schlagabtausch mit virtuellen Finsterlingen. Einige Gamer stellen mittlerweile selbst Filme her, die den Spielen nachempfunden sind -- "Machinima" heißt dieses Phänomen, dass nun in den USA vom Internet auf Leinwände und bald auch auf Fernsehschirme kommen soll.

Zwei grobschlächtige Holzfällerburschen wollen eine Wohnung mieten. Dem Makler macht es nichts aus, dass die beiden Herren zum Besichtigungstermin mit ihren Äxten auftauchen. Denn auch der Wohnungsbesitzer ist schwer bewaffnet. So ist das eben in der Welt des populären Computer-Spiels Quake. Die Mietwohnungs-Episode namens "Apartment Huntin'" (präsentiert unter www.illclan.com/apthunt.htm) gehört allerdings nicht zu den üblichen Spielszenarien. Sie wurde von Filmemachern hergestellt, die das Personal und die Technik von "Quake" lediglich als Vorlage nutzten.

Beim ersten offiziellen "Machinima"-Filmfestival (ab 17. August) soll nun auch ein größeres Publikum angelockt werden. Vor den Toren der texanischen Metropole Dallas liegt das Städtchen Mesquite. Gamer kennen den Ortsnamen gut, denn Mesquite ist die Heimat des Unternehmens id Software, das mit Quake berühmt wurde. Dieses Spiel bietet die Vorlage für die meisten "Machinima"-Werke, und daher erschien es den Veranstaltern sinnvoll, ihr Filmfestival in Mesquite mit QuakeCon, dem alljährlichen Treffen der Gamer-Gemeinde, zu verbinden, das am heutigen 15. August startet.

Erfolgreiche PC-Spiele verdanken ihre Popularität einer Technik, die den Spieler vor immer wieder neue Herausforderungen stellt. Hochkomplexe Software ist der Motor des Spielgeschehens. Und diese Game-Engines nutzen nun immer mehr Hobbyfilmer, die entweder den Zugang zum Code der Spiele knacken oder auch den Quellcode nutzen, der zumindest in Ansätzen von einigen Herstellern zur Verfügung gestellt wird.

Einige Gamer sind noch kreativer. Sie treffen sich etwa mit Freunden, um gleichzeitig mehrere Spielfiguren zu steuern. Einer der Mitspieler zeichnet die so entstandenen Szenen auf, später können noch Dialoge und Hintergrund-Musik hinzugefügt werden. Aber auch in einsamer, nächtelanger Tüftelei am Computer entstehen Filme wie die Komödie "Hardly Workin'", in der die beiden schon aus "Apartment Huntin'" bekannten Holzfäller in einem Schnellimbiss arbeiten -- bis bei der Essenszubereitung versehentlich ein Kopf abgetrennt wird.

Einen Überblick über die blühende Online-Szene der "Machinima"-Regisseure bieten Websites wie www.machinima.com, die von dem Briten Hugh Hancock betrieben wird, einem Pionier des Genres, der vor fünf Jahren mit der Entwicklung erster auf PC-Spielen basierenden Kurzfilmchen begann. Ein New Yorker Kollektiv, das unter dem Namen ILL Clan auftritt, präsentiert "Machinima"-Filme unter www.illclan.com. Diese erfahrenen Filmemacher verhandeln zurzeit mit amerikanischen Kabelkanälen über die Ausstrahlung ihrer Werke. Mit der "Machinima"-Technik sollen in Zukunft auch spottbillige Werbefilme hergestellt werden. (Tilman Streif, dpa) / (jk)