Mammutprojekt Grundrente: 12.435 Personentage für die Software-Entwicklung
Nach langem politischen Streit wird die Grundrente seit Kurzem ausgezahlt. Die dafür nötige Software-Entwicklung war jedoch deutlich aufwendiger als geplant.
Die Entwicklung der Software für die Einführung der Grundrente hat deutlich mehr Aufwand verursacht als geplant. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) musste dafür 12.435 "Personentage" aufwenden, wie aus einem internen Dokument von Ende Juli hervorgeht, das c't vorliegt. In einer ersten Schätzung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens war die DRV noch von rund 7000 Personentagen ausgegangen.
Allein 11.028 Personentage entfielen auf die Software zur Berechnung des Grundrentenzuschlags. Ursprünglich war die DRV für diesen Bereich von etwa 5500 Personentagen ausgegangen. Der Anstieg ist dem internen Dokument zufolge auf "intensive Testverfahren" sowie auf Änderungen "zur Behebung von einsatzverhindernden Fehlern" zurückzuführen.
Neben der Berechnungs-Software musste die Behörde für die Einführung der Grundrente auch noch eine neue Schnittstelle für den Datenaustausch mit den Finanzbehörden entwickeln. Dieses Teilprojekt blieb im Rahmen der Planungen: Anfang 2020 war die Behörde von 1500 Personentagen Aufwand ausgegangen, tatsächlich erbracht wurden 1407.
Noch nicht fehlerfrei
Die Software funktionierte Ende Juli noch nicht fehlerfrei, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die ersten Grundrentenbescheide verschickt wurden. Es werde daran gearbeitet, auch eine "letzte Fallgruppe maschinell richtig zu berechnen", heißt es in dem Dokument. Der Aufwand werde nun aber nicht mehr gesondert erfasst.
Auf Anfrage von c't erklärte die DRV Bund, dass die Umsetzungsarbeiten inzwischen "im Wesentlichen abgeschlossen" seien. Zum gestiegenen Aufwand erklärte die Behörde, dass man die erste Schätzung in einem sehr frühen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens abgegeben habe. "Danach gab es noch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren", sagte eine Sprecherin.
Eine Aussage zu den Kosten des Software-Projekts sei noch nicht möglich, erklärte die Sprecherin darüber hinaus. Im Gesetzgebungsverfahren hatte die DRV die Kosten für die Programmierarbeiten auf rund 5,4 Millionen Euro geschätzt.
Manueller Aufwand um ein Vielfaches höher
Die Kosten für die Software-Entwicklung verblassen allerdings im Vergleich zum Aufwand für die manuelle Sachbearbeitung. "Um den Grundrentenzuschlag vorzubereiten, sind allein bei der DRV Bund knapp 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nötig", erklärte DRV-Präsidentin Gundula Roßbach im Dezember.
Im Gesetzgebungsverfahren hatte die DRV den Aufwand für die erstmalige Bearbeitung der Bestandsfälle und die Beratung sogar auf "2300 Vollbeschäftigteneinheiten" und "ca. 270 Millionen Euro" beziffert. Insgesamt werde der Verwaltungsaufwand im ersten Jahr bei mehr als einem Viertel der Ausgaben für die Leistung selbst liegen. Die Behörde hatte das Vorhaben der Großen Koalition deshalb in einer Stellungnahme scharf kritisiert.
In ihrer Stellungnahme erläutert die DRV auch den Grund für den hohen Aufwand: Die Politik habe sich auf ein Verfahren geeinigt, bei dem jeder einzelne Erwerbsmonat von 26 Millionen Versicherten betrachtet werden muss statt nur die insgesamt erworbenen Rentenpunkte. Diese Daten lägen jedoch nicht alle in digitaler Form vor.
(cwo)