Marketing für Fotografen: So werden Sie einzigartig!

Marketing-Experte Michael Krisch gibt hier einige grundlegende Tipps wie sich Fotografen am Markt behaupten können und für potenzielle Kunden interessanter werden.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Michael Krisch
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Ein kleines Experiment: Schauen Sie bitte auf Ihre Uhr! Tagtäglich ist jeder von uns zirka 13.000 Werbebotschaften ausgesetzt. Da ich davon ausgehe, dass Sie seit einigen Stunden auf den Beinen sind, dürften Sie zu diesem Zeitpunkt schon mehrere hundert Werbebotschaften gesehen haben. Erinnern Sie sich noch an die letzten drei davon? Wenn Sie diese Frage mit "ja" beantworten können, beneide ich Sie um Ihre Gedächtnisleistung. Falls nein: Keine Sorge: so geht es den meisten Menschen!

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Dieses kleine Experiment zeigt, in welchem Dilemma wir uns befinden: Auf der einen Seite wächst unsere geistige Aufnahmekapazität nicht so schnell, dass wir alle werblichen Eindrücke, die auf uns einprasseln bewusst verarbeiten können. Auf der anderen Seite nimmt die Anzahl der Werbebotschaften, denen wir täglich ausgesetzt sind, immer weiter zu. Schuld daran ist der wachsende Wettbewerb. Wir alle haben damit zu kämpfen, dass es Unternehmen gibt, die etwas Ähnliches oder genau das Gleiche machen, wie wir. Genau deswegen müssen wir kommunizieren. Die Frage ist: können sich Menschen an Sie erinnern, wenn sie nach einem Fotografen suchen? Oder verbrennen Sie im Kampf um Aufmerksamkeit einfach nur Geld?

Michael Krisch

Geschäftsführer bei der Agentur MichaelundAlbert (Markenstrategie und Corporate Design) in Düsseldorf. Er ist zudem Lehrbeauftragter für Marketing, Kommunikation und Kreativität (unter anderem an der TH Köln und der EMBA Düsseldorf), Fachbuchautor und Mitglied im Magischen Zirkel von Deutschland. In seinen Vorträgen verbindet er die Vermittlung von Fachwissen mit seiner Leidenschaft für die Zauberei.

Wir lesen einen Artikel und werden in unserem Lesefluss durch eine Anzeige unterbrochen, wir sitzen am Flughafen und wollen uns nur kurz ein Video auf YouTube ansehen und müssen die Werbung vor diesem Video ertragen. Wie fühlen Sie sich in solchen Momenten? Die Konsequenzen von unerwünschter und nerviger Werbekommunikation, wurden vor kurzem in der Studie Communication Crackdown untersucht: Mehr als die Hälfte der Befragten überlegt, ob Sie weiterhin Kunde des werbenden Unternehmens bleibt. 63 Prozent geben an, bei diesen Unternehmen weniger Geld ausgeben zu wollen. Und bei zwei Drittel der Befragten sinkt die Markenloyalität drastisch. Kein besonders erfreuliches Ergebnis. Aber wie gelingt es Ihnen als relevant, statt nervig, wahrgenommen zu werden, um einen Auftrag zu erhalten?

Auch wenn es schmerzt: Den meisten Menschen ist es zunächst egal, ob Sie an der Vevey School of Photography gelernt haben, eine Hasselblad Ihr eigen nennen oder mit einem einen Lucie Award ausgezeichnet wurden. Also vergessen Sie das für den Moment. Menschen interessieren sich dafür, ob Sie ihre Produkte, Gebäude, Mitarbeiter oder privaten Momente gut aussehen lassen können. Dafür geben Sie Geld aus. Langweilen und nerven Sie Ihre Kunden nicht damit, in dem Sie Ihnen erzählen, wie toll Sie sind. Werden Sie "positiv schizophren" und fragen Sie sich: Was wollen Ihre Kunden wirklich? Was können Sie ihnen bieten?

Nur die wenigsten Fotografen beschäftigen sich damit, aufmerksam zuzuhören, welche Herausforderungen, Wünsche und Bedürfnisse ihre Kunden haben. Hier liegt Ihre Chance. Ein Beispiel: Hochzeiten werden zunehmend zu gesellschaftlichen Spektakeln mit komplexen Anforderungen. Häufig wird gewünscht, dass Fotografen mehr sind, als nur Akteure im Hintergrund. Sie sollen die Planung schon im Vorfeld begleiten, müssen das Motto der Hochzeit visuell interpretieren und den Lifestyle des Paares verstehen. Charles und Jennifer Maring sind Spezialisten auf diesem Gebiet: Als Paar liefern Sie auf in ihrem Blog Einblicke in Ihr Leben, geben Tipps für angesagte Fashion und zeigen sogar Rezepte zum Nachkochen. Damit demonstrieren sie anschaulich, dass sie verstehen, wie ihre Kunden ticken. Das hebt sie von klassischen Hochzeitsfotografen ab. Potenzielle Kunden besuchen Ihr Blog, weil sie es wollen und nicht weil sie durch störende Werbung dazu "gezwungen" werden.

Statt unpersönlicher und unterbrechender Werbung wünschen sich die meisten Menschen eine Ansprache, die individuell auf Ihre Bedürfnisse abstimmt ist. In einer digitalen Welt ist das eigentlich kein größeres Problem. Nehmen Sie sich die Zeit, um folgende Fragen zu beantworten:

  • Warum sind Sie Fotograf geworden?
  • Warum sollten Kunden ausgerechnet Sie buchen? Hier geht es nicht nur um rationale Argumente sondern auch um "weiche" Aspekte, die in Ihrer Person liegen und klar machen, was Sie anderen Menschen bieten können.
  • Für welchen Kundentyp wollen Sie hauptsächlich arbeiten? Konzentrieren Sie sich dabei auf die Kunden, die Sie am liebsten hätten, anstatt es allen Recht machen zu wollen.
  • Welche Bedürfnisse haben diese Kunden?
  • Wollen Ihre Kunden tatsächlich "nur" einen Fotografen oder benötigen sie zum Beispiel einen kreativen Sparringpartner?
  • Was können Sie Ihren Kunden bieten, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen? Angenommen Sie fokussieren sich auf Fashion-Fotografie: Zeigen Sie, dass Sie Fashion verstehen, in dem Sie zum Beispiel in ihrem Blog kurze Tipps geben wie Models sich am besten vor der Kamera inszenieren oder eine perfekte Sedcard gestaltet werden sollte.
  • Was fehlt Ihnen noch, um die Bedürfnisse Ihrer Kunden zu befriedigen?
  • Gibt es zum Beispiel zusätzliches Wissen, das Sie sich aneignen können, um so im Vorfeld zu überzeugen?
  • Wo können Sie Ihre Kunden klar und direkt erreichen? Beispiel: Ein Paar will auf einem Schloss heiraten und sucht online nach einem Fotografen. Durch einen Blogbeitrag wie "Ihre Schloss-Hochzeit perfekt inszeniert" wird das Paar eventuell auf Sie aufmerksam und fühlt sich individuell angesprochen.

Die Kunst ist es dann, es nicht nur bei Ihren schriftlichen Ausführungen zu belassen, sondern die Dinge auch zeitnah umzusetzen.

(sea)