Marktmacht missbraucht: 1,1 Milliarden Euro Strafe für Amazon in Italien

Weil Amazon das eigene Logistik-Angebot "Fulfilment by Amazon" wettbewerbswidrig bevorzugt haben soll, wird in Italien eine Milliardenstrafe fällig.

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(Bild: Hadrian/Shutterstock.com)

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Die italienische Wettbewerbsaufsicht AGCM hat gegen Amazon eine Geldstrafe in Höhe von 1,1 Milliarden Euro verhängt und den US-Onlinehändler aufgefordert, die Bevorzugung des eigenen Logistik-Angebots "Fulfilment by Amazon" zu verringern. Das teilte die Autorità garante della concorrenza e del mercato (Wettbewerbs- und Marktbehörde) am Donnerstag mit. Amazon habe die dominierende Position auf dem italienischen "Markt für Vermittlungsdienstleistungen auf Marktplätzen" ausgenutzt, um sein eigenes Logistik-Angebot zu begünstigen – zum Nachteil von konkurrierenden Angeboten, begründete die Behörde die hohe Strafe. Amazon hat bereits mitgeteilt, entschieden anderer Meinung zu sein und Berufung einlegen zu wollen, berichtet Reuters.

Bei der Milliardenstrafe geht es um Amazons Umgang mit dem hauseigenen Auslieferdienst "Fulfilment by Amazon" (FBA), bei dem der Onlinehändler für Anbieter auf dem eigenen Marktplatz die Logistik übernimmt. Nach Auffassung der Wettbewerbsbehörde hat Amazon deine Reihe "exklusiver Vorteile" in ungerechtfertigter Weise an die Nutzung FBA gekoppelt. So ginge das beliebte "Prime"-Label, das den Verkauf an Amazons loyalste und zahlungswilligste Kundschaft vereinfache, nur an Händler, die FBA in Anspruch nehmen. Auch können wiederum nur damit an den besonders einträglichen Spezialaktionen wie dem Black Friday oder dem Cyber Monday teilgenommen werden. Weiterhin würden an FBA-Kunden weniger strikte Performance-Vorgaben gemacht, die schlimmstenfalls zur Suspendierung eines Händlers führen können. All das seien Verstöße gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Durch diese Bevorzugung des eigenen Logistikangebots habe Amazon der Konkurrenz geschadet, die vergleichbare Dienstleistungen anbieten. Die könnten sich den Onlinekäufern und -käuferinnen nicht als Anbieter mit einem vergleichbaren Service präsentieren. Der Abstand zwischen Amazon und der Konkurrenz sei dadurch größer geworden. Konkurrenzplattformen sei damit ebenfalls geschadet worden, weil Händler, die ihre Waren auf Amazon.it anbieten, davon abgehalten würden, auch sie zu nutzen. Außerdem würden Teile der Infrastruktur doppelt aufgebaut, etwa Logistikzentren. Amazons "missbräuchliche Strategie" sei deshalb besonders schädlich, weswegen die Strafe so hoch ausfalle. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat die EU-Kommission mit der AGCM in dem Fall eng kooperiert.

Um umgehend einen faireren Wettbewerb zu gewährleisten, seien Amazon außerdem auch Vorgaben für den Umgang mit Händlern gemacht worden, die nicht "Fulfilment by Amazon" in Anspruch nehmen. Die müssten die gleichen Vorteile bezüglich Sichtbarkeit und Verkaufsmöglichkeiten erhalten, wie Prime-Anbieter – wenn sie Amazons Standards dafür erfüllen können. Diese müsse Amazon deswegen festlegen und öffentlich machen. Die Kartellbehörde hatte erst vor wenigen Tagen eine Strafe über fast 70 Millionen Euro gegen Amazon verhängt.

[Update 10.12.2021 – 07:40 Uhr] Amazon hat inzwischen gegenüber heise online bestätigt, dass gegen den Bescheid Berufung eingelegt werden soll. Die Strafe und Vorgaben seien "ungerechtfertigt und unangemessen". Mehr als die Hälfte der Verkäufe auf Amazon in Italien kämen von kleinen und mittleren Unternehmen, die verschiedene Kanäle hätten, um ihre Produkte zu verkaufen. Amazon sei nur eine Option.

(mho)