Matrox-Chip lässt Köpfe sprechen

Matrox' G550 hat im Vergleich zu seinem Vorgänger bei den 3D-Eigenschaften kräftig zugelegt.

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Von
  • Manfred Bertuch

Der kanadische Grafik- und Video-Anbieter Matrox wendet sich auch mit seinem neuen Grafkchip nicht an Spieleenthusiasten. Trotzdem hat der G550 im Vergleich zu seinem Vorgänger bei den 3D-Eigenschaften kräftig zugelegt. Während die beiden Pixelpipelines des G450 noch mit einer Textur-Einheit auskommen mussten, verfügt der G550 über zwei Textur-Engines pro Pipeline. Und wie bei den Konkurrenten Nvidia und ATI entlastet der Chip die CPU von den Geometrieberechnungen mit einer T&L-Unit (Transform and Lighting), die als programmierbarer Vertex Shader nach DirectX 8 ausgelegt ist. Der wieder in 0,18 µm gefertigte Chip ist voraussichtlich nicht wesentlich höher getaktet als der Vorgänger. Die genauen Werte gibt Matrox wie immer nicht bekannt. Das Speicherinterface ist mit dem des G450 identisch und steuert maximal 32 MByte DDR-DRAM über einen 64 Bit breiten Bus an.

Da der G550 mit diesen Merkmalen allein wenig Chancen hätte, hat Matrox sich noch etwas einfallen lassen. Die Software-Ausstattung ermöglicht es, den eigenen Kopf als 3D-Modell in Anwendungen einzusetzen und lippensynchron und in Echtzeit zu beliebigen Texten zu animieren. Matrox will damit der Kommunikation über Netze eine persönliche Note verleihen, was nach Herstellerangaben besonders in der Geschäftswelt gefragt sein soll.

Der G550 unterstützt diese Anwendung durch so genanntes "Matrix Palette Skinning". Darunter versteht man die Fähigkeit, ein Polygon-Netz auf die gleiche Weise zu bewegen wie Gesichtsmuskeln. Der G550 kann mit seinem Vertex Shader gleichzeitig bis zu vier "Muskeln" auf jeden 3D-Punkt einwirken lassen, was technisch durch Matrizenoperationen geschieht. Der Vertex Shader des G550 ("Head Casting Engine") ist dabei besonders leistungsfähig, weil er sich dank seiner 256 Konstanten-Register mit 32 Matrizen programmieren lässt. Nvidias GeForce3 bringt es nur auf 96 Register, womit die Lippenbewegungen weniger natürlich ausfallen sollen.

Die Software zur Millennium G550 enthält alles, was man für "Head Casting" benötigt. Um ein Modell seines eigenen Kopfes zu erhalten, genügt es, zwei Portrait-Ansichten mit der mitgelieferten Software von Digimask zu bearbeiten und zu verschicken. Innerhalb kurzer Frist findet man das entsprechende 3D-Modell dann in seinem Posteingang. Mit HeadFone der Firma Lipsinc lässt sich der eigene oder auch ein beliebiger anderer Kopf, etwa der einer Comic-Figur, an eine Gegenstelle schicken und dort synchron zur eigenen Stimme animieren. Da man nur wenige Positionsdaten übertragen muss, funktioniert HeadCasting über gewöhnliche 56K- oder ISDN-Verbindungen. Falls die Gegenstelle keine G550-Hardware besitzt, wird der Kopf nur mit niedriger Polygon-Auflösung dargestellt und per Software animiert. Die dritte Zugabe ist ein Add-on zu Microsoft PowerPoint, das auch Präsentationen mit einem Talking Head versieht.

So interessant HeadCasting auch sein mag, Matrox wird noch reichlich Überzeugungsarbeit leisten müssen. Chiphersteller versuchen schon seit Jahren, 3D-Grafikanwendungen im Corporate-Markt zu etablieren – und waren dabei weitgehend erfolglos. Dagegen werden Heimanwender die Millennium G550 zuallererst an ihrer Spieleeignung messen und sich wieder über das Environment Mapped Bump Mapping (EMBM) freuen. Das flexiblere Dot-Product3-Bump-Mapping und das Cubed Environment Mapping für perfekte Spiegelungen fehlen allerdings. Mit ihrem 64-Bit-Bus kommt sie zudem nicht über die Leistung der 128bittigen SDR-DRAM-Karten hinaus (GeForce2 MX). Ihr Preis von 349 Mark ist wegen ihres ausgereiften Zweischirm-Konzeptes (DualHead) jedenfalls gerechtfertigt. Die Millennium G550 soll im Zeitraum August bis September zu kaufen sein. (Manfred Bertuch) (em)