Neue Erkenntnisse, wie die Maya ihr Wasser sauber hielten

In den Speichern der Maya halfen Pflanzen dabei, die Wasserqualität zu verbessern. Aquatische Biota dienten als selbstreinigende Pflanzenkläranlagen.

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Der große Platz von Tikal gilt als das Zentrum der Stadt, umrahmt von der Nordakropolis und Tempel I. Seit 1979 ist Tikal Unesco-Weltkulturerbe.

(Bild: Shark at Lithuanian Wikipedia / cc by-sa 3.0)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Jennifer Ouellette
  • Ars Technica

Die antike Maya-Stadt Tikal verfügte über Wasserreservoirs, um in Dürreperioden genügend Flüssigkeit zu haben. Dabei gingen die Einwohner sehr geschickt vor: Sie bauten Kläranlagen ein, die denen von heute nicht unähnlich sind, damit die Wasserqualität stimmte. Die darin enthaltenen Mineralien, Wasserpflanzen und andere Biota ähneln im Ansatz dem, was heute in modernen Pflanzenkläranlagen angewandt wird.

Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde. "Die meisten großen Maya-Städte im südlichen Tiefland entstanden in Gebieten, in denen es an Oberflächenwasser mangelte, die aber über gute landwirtschaftliche Böden verfügten", so Mitautorin Lisa Lucero, Anthropologin an der University of Illinois Urbana-Champaign. "Sie kompensierten dies, indem sie eigene Reservoirsysteme bauten, anfangs klein und dann immer größer und komplexer."

Wie viele Maya-Städte wurde Tikal, das im heutigen Guatemala liegt, auf porösem Kalkstein erbaut. Das schränkte den Zugang zu Trinkwasser während der saisonalen Dürreperioden ein. Diese dauerten in der Regel fünf Monate, obwohl es auch schwerere Dürreperioden gab, insbesondere im neunten Jahrhundert. Um zu überleben, waren die Bewohner von Tikal darauf angewiesen, Regenwasser zu sammeln und in Reservoirs zu speichern. Sie bauten dafür Kalkstein für Ziegel, Mörtel und Gips ab, die sie zum Bau von Gebäuden vor Ort verwendeten. Die entstandenen Vertiefungen wurden dann verputzt, um sie wasserdicht zu machen. Schließlich bauten die Maya ein System von Kanälen, Dämmen und Schleusen, um Wasser zu speichern und zu transportieren. Es wird geschätzt, dass die Reservoirs von Tikal zwischen den Jahren 600 und 800 bis zu 900.000 Kubikmeter Wasser für eine Bevölkerung von bis zu 80.000 Menschen fassten.

Jedes stehende Wasser ist jedoch anfällig für Algenblüten und dient als Brutstätte für krankheitsübertragende Moskitos. Die Maya fanden deshalb geniale Lösungen, um ihr Trinkwasser frisch zu halten, wie Lucero & Co. herausfanden. Allerdings reichte das nicht, um länger anhaltende Dürren zwischen 800 und 930 nach Christus zu kompensieren. Diese dauerten drei bis acht Jahre an und wurden durch heftige tropische Stürme noch verschlimmert. Das trug wahrscheinlich dazu bei, dass die Maya Tikal und andere Städte aufgaben. Die Bewohner bildeten laut Lucero dann kleinere Gemeinschaften in der Nähe von Flüssen, Seen und Küsten sowie Städte im nördlichen Tiefland und im Hochland Guatemalas.

In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2020 wurde festgestellt, dass zwei zentrale Stauseen in Tikal Wasser enthielten, das aufgrund einer toxischen Verschmutzung wahrscheinlich nicht trinkbar war. Forscher der University of Cincinnati führten dazu eine geochemische Analyse der Sedimente in den Reservoirs durch und fanden giftige Quecksilberwerte sowie Cyanobakterien, die giftige Chemikalien produzierten, die sogar gegen das Abkochen resistent waren. Das Trinken dieses Wassers hätte die Bewohner daher sehr krank gemacht. Das Team kam zu dem Schluss, dass die Bewohner ihr Trinkwasser daher wahrscheinlich aus zwei weiter entfernten Stauseen, Perdido und Corriental, bezogen, in denen sie keine Anzeichen von Quecksilber oder Cyanobakterien fanden. Sie ermittelten auch die Quelle der Quecksilberkontamination: Zinnober, der zum Bemalen von Gipswänden, Tongefäßen und anderen Gegenständen verwendet wurde.

Eine Folgestudie des desselben Teams nutzte die Kristallstrukturanalyse, um Beweise für ein Filtersystem im Corriental-Stausee zu finden – und identifizierte dabei kristallinen Quarz und Zeolith in den Sedimenten, die wie ein natürliches Molekularsieb gewirkt hätten. Beides wird noch heute für die Wasserfilterung verwendet. Quarz und Zeolith hätten etwa Schwermetalle wie Quecksilber und andere Giftstoffe aus der Wasserversorgung des Stausees entfernt, einschließlich schädlicher Mikroben. Es ist wahrscheinlich, dass die Maya Quarz und Zeolith von einem anderen, etwa 30 Kilometer entfernten Ort importierten, der reich an diesen Substanzen ist und den Einheimischen für sein sauberes Trinkwasser bekannt ist. Die in Tikal entnommenen Proben stimmten mit denen des Ortes überein und bestätigten damit die wahrscheinliche Quelle.

In ihrer neuesten Arbeit weist Lucero darauf hin, dass Zeolith in der Regel in vulkanischen Ablagerungen im Hochland Guatemalas vorkommt und den Bewohnern des südlichen Tieflands nicht ohne Weiteres zugänglich war. Dies könnte erklären, warum das Corriental-Reservoir das einzige der 50 bisher ausgegrabenen Maya-Reservoirs ist, das ein Filtersystem auf Zeolithbasis aufweist. Die Forscher vermuten, dass die Maya auch eine Vielzahl von Wasserpflanzen nutzten, um ihr Wasser sauber zu halten, ähnlich wie in den heutigen Feuchtgebieten – insbesondere Rohrkolben, Seggen, Schilf, Bambus und Seerosen. Lucero stützt sich dabei auf Belege aus archäologischen Ausgrabungen, Siedlungskarten, Sedimentkernen, aktuellen Feuchtgebieten sowie ikonografischen und hieroglyphischen Aufzeichnungen.

Die Seerose (Nymphaea ampla) ist hier besonders häufig anzutreffen. Das lässt für viele Maya-Archäologen den Schluss zu, dass diese Pflanzen für die Aufrechterhaltung von sauberem Wasser entscheidend waren, da sie Stoffe wie Stickstoff und Phosphor aufnehmen. Seerosenblätter blockieren auch das Sonnenlicht und verhindern die Ansammlung von zu vielen Algen, hemmen die Verdunstung, halten das Wasser kühl und bieten Libellen, Fischen und Schildkröten Schutz, die sich wiederum von lästigen Moskitos und deren Larven ernähren.

Lucero wies darauf hin, dass Seerosen nur in sauberem Wasser wachsen und keine sauren Bedingungen vertragen oder in Wasser mit zu viel Kalzium, Eisen oder Mangan gedeihen. Ebenfalls ungünstig ist es, wenn das Bodensediment zu viel zersetzendes organisches Material enthält. Die Praxis der Maya, ihre Stauseen auszukleiden, hätte den pH-Wert stabilisiert, vor allem, wenn die Maya auch Erde hinzugefügt oder natürlich vorkommendes Sediment genutzt hätten, um sicherzustellen, dass Seerosen und andere nützliche Biota gedeihen konnten. Laut Lucero mussten sie wahrscheinlich jedes Jahr ausbaggern, die Wasserpflanzen ernten und wieder auffüllen und die entnommenen nährstoffreichen Böden und Pflanzen zur Düngung von Feldern und Gärten verwenden. Das Vorhandensein von Seerosen in einem Stausee würde also auf sauberes, trinkbares Wasser hindeuten, so Lucero, und Seerosenpollen wurde in Sedimentkernen von mehreren Maya-Stauseen gefunden. Sie waren auch ein Symbol der klassischen Maya-Könige. Viele Könige trugen einen Seerosen-Kopfschmuck, um ihre wichtige Rolle als Wasserverwalter darzustellen. "Sauberes Wasser und politische Macht waren untrennbar miteinander verbunden, wie die Tatsache zeigt, dass die größten Stauseen in der Nähe von Palästen und Tempeln gebaut wurden", schrieb Lucero.

Luceros Paper endet mit einem Aufruf, unsere derzeitigen Mittel zur Bereitstellung von sauberem Wasser zu diversifizieren – anstatt sich zu sehr auf eine einzige Quelle, wie etwa Reservoirs, zu verlassen. "Die Beweise deuten darauf hin, dass alte Maya-Reservoirs über 1.000 Jahre lang Trinkwasser in Form von Feuchtgebieten lieferten", schloss Lucero. "Die Maya verließen sich auf verschiedene Praktiken zur Risikostreuung, einschließlich derer, die sie zur Erhaltung der Wasserqualität einsetzten (Akolythen und Sandfiltration, Wasserpflanzen und solche, die derzeit noch unbekannt sind). Aus ihrer langen Geschichte können wir Lehren für die heutige und künftige Wasserbewirtschaftung in tropischen Gebieten und darüber hinaus ziehen. Wenn wir genau herausfinden könnten, wie die Maya-Stauseen funktionierten, wären wir vielleicht in der Lage, heutige und künftige Pflanzenkläranlagen zu verbessern.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Ars Technica.

(jle)