Medienanstalt Berlin-Brandenburg gibt DAB keine Chance mehr

Digital Audio Broadcast sei "eine am Markt gescheiterte Übergangstechnologie". Jetzt müsse man die Chance eines Neuanfangs für das Digitalradio nutzen.

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Von
  • Holger Bruns

Zu den Hätschelkindern der Landesmedienanstalten zählte das Digitalradio DAB (Digital Audio Broadcast) nie. Jetzt schlägt die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) sogar die "Aufgabe des bisherigen DAB-Ansatzes" vor und fordert einen "neuen Aufbruch für digitales Radio und mobile Multimediaangebote". Wolfgang Schneider, Chef der Bremer Landesmedienanstalt (BREMA), schlägt in die gleiche Kerbe: In einem Gespräch mit heise online bezeichnete er das heutige DAB als teuren Subventionspatienten: "Wir hören jetzt so etwas wie eine verdeckte Abschiedssymphonie. Einer nach dem anderen packt seine Subventionen ein, und ohne diese wäre DAB ja sowieso nie ins Laufen gekommen."

Die BREMA ist zumindest konsequent: Weil Radio Bremen eine DAB-Ausstrahlung seiner Hörfunkprogramme gar nicht finanzieren könne, wird im flächenmäßig kleinsten Bundesland sowieso kein DAB gesendet. Bremer DAB-Hörer müssen sich mit ihren Empfängern vielmehr gen Niedersachsen richten, wollen sie die chronisch schwachen Signale der dortigen DAB-Sender empfangen. Schneider ist sich allerdings sicher, dass auch seine Kollegen in Hannover Ende des Jahres aussteigen werden: "Dann ist DAB auch dort Vergangenheit."

Schneider bemängelt, dass die Hörer den Mehrwert von DAB einfach nicht erkennen konnten. Schließlich ließen sich über UKW mindestens doppelt so viele Programme empfangen wie über DAB, das tontechnisch zudem keinesfalls besser sei als das analoge FM-Verfahren. Auch habe DAB von Anfang an viel zu wenig Platz im Äther gehabt. Dieser beschränkt sich im VHF-Band III auf Kanal 12 sowie ein zusätzliches schmales Fenster im L-Band bei 1,5 GHz -- was wegen großer Empfangsprobleme allerdings nicht viel brachte.

Die DAB-Gerätehersteller hielten sich mit Kritik an den Äußerungen der Medienverantwortlichen nicht lange zurück. Joachim Siedler beispielsweise, Sprecher von Blaupunkt, sieht im DAB-Verfahren durchaus Vorteile für den Konsumenten. DAB sei das mit Abstand beste Verfahren und sehr kostengünstig. Es eliminiere Störungen durch den Mehrwegeempfang und sei deshalb auch im PKW problemlos nutzbar. Auch bringe die Technik eine bessere Tonqualität als der analoge Rundfunk und erlaube sogar den digitalen Mitschnitt von Radiosendungen im fahrenden Auto.

Christine Albrecht von Alan Electronics zeigte sich geschockt über den Vorstoß der mabb: "Wir sind regelrecht überfallen worden", sagte sie und warf der Medienanstalt Berlin-Brandenburg einen Alleingang vor. Alan Electronics, das sich nicht zuletzt Hoffnung auf rege Umsätze mit DAB-Empfängern im Weihnachtsgeschäft macht, müsse nun erst einmal intern klären, wie man auf die Pläne zur Abschaltung von DAB reagieren wird. Das hat die Initiative Marketing Digital Radio ([InitiativeMarketingDigitalRadio IMDR]) unterdessen schon getan: "In Großbritannien kauft niemand mehr HiFi-Geräte ohne Digital-Radio-Funktion", heißt es in einer heute veröffentlichten Erklärung der DAB-Interessengemeinschaft. Überall im europäischen Ausland boome DAB, nur hier hätten die Rundfunkanstalten die Chance, die Digital Radio am Markt bietet, nicht erkannt.

Die mabb jedoch hält DAB für technisch veraltet und setzt auf neue Entwicklungen: Sowohl DVB-H (eine Weiterentwicklung von DVB-T für Handheld-Geräte) als auch DMB (Digital Multimedia Broadcasting, eine Weiterentwicklung von DAB) kämen für digitales Radio, aber auch für mobile Multimedia-Dienste, von Fernsehen bis zum Herunterladen von Musik, in Betracht. Während DAB "eine am Markt gescheiterte Übergangstechnologie" sei, könne mit der breiten Einführung der neuen Techniken schon 2007 begonnen werden. (Holger Bruns) / (pmz)