Mediengesetz: Streit zwischen EU-Kommission und ungarischer Regierung

Während die EU-Kommission Sanktionen gegen Budapest nicht mehr ausschließt, hält die ungarische Regierung an ihrer Position fest und verteidigt die umstrittene Gesetzgebung, die eine zentrale staatliche Kontrolle aller Medien vorsieht.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der Streit zwischen der EU-Kommission und Ungarn um das neue Mediengesetz spitzt sich zu. Während die EU-Kommission Sanktionen gegen Budapest nicht mehr ausschließt, hält die ungarische Regierung an ihrer Position fest und verteidigt die umstrittene Gesetzgebung. "Das neue Mediengesetz ist ein wahrhaft europäisches Gesetz: Es enthält keinen einzigen Passus, der nicht auch in der Gesetzgebung einzelner oder sogar mehrerer europäischer Mitgliedsstaaten gefunden werden kann", schrieb der Sprecher von Ministerpräsident Viktor Orbán in einer Stellungnahme, die am Dienstag in Brüssel verbreitet wurde.

So würden auch Italien, Frankreich und Schweden die Arbeit verschiedener Medienbereiche breit regulieren. "Die Option von Strafzahlungen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro oder der Entzug der Lizenz wegen wiederholter Verstöße gegen Gesetze (…) finden sich auch in den Mediengesetzen von Deutschland, Finnland und Polen", heißt es weiter in der Stellungnahme. Ungarn sei bereit zum Meinungsaustausch, verwahre sich aber gegen "politisch-ideologische Attacken", wie sie bislang geführt würden. Zugleich betonte die Regierung, dass sie nicht beabsichtige, die Meinungsfreiheit einzuschränken – die Pressfreiheit werde vielmehr gestärkt.

Die Stellungnahme Ungarns lässt allerdings unberücksichtigt, dass es zwar in diversen europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, Medienregulierung etwa zum Jugendschutz gibt, keineswegs aber eine vergleichbare zentrale staatliche Medien-Überwachungsinstanz, die von der Regierungspartei kontrolliert wird. Die EU-Kommission hat denn auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des ungarischen Mediengesetzes und prüft dessen Vereinbarkeit mit europäischem Recht. Sollte sie als Hüterin der Verträge zu dem Schluss kommen, dass Ungarn gegen EU-Recht verstößt, kann sie rechtlich gegen Ungarn vorgehen und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) einschalten, der in letzter Konsequenz Geldstrafen verhängen könnte. Nach anfänglichem Schweigen zeigt die EU-Behörde inzwischen eine harte Haltung. Ein Kommissionssprecher schloss am Dienstag Sanktionen nicht mehr aus und erklärte, ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge sei unabhängig vom jeweiligen turnusmäßigen EU-Vorsitz. Ungarn hatte am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

Bei dem Treffen der ungarischen Regierung mit der EU-Kommission an diesem Freitag wird das umstrittene Mediengesetz das wichtigste Thema sein. Das international scharf kritisierte Gesetz war am 1. Januar in Kraft getreten. Künftig kontrolliert eine neue Medienbehörde die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale. Bei Verstößen kann die Regulierungsbehörde ruinöse Strafen verhängen. Nach Ansicht von Kritikern will Ungarns Regierungschef Orbán die Medien mit diesem Gesetz auf die Linie seiner rechtskonservativen Fidesz-Partei zwingen. Kritiker sehen einen Eingriff in die Pressefreiheit.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(jk)