Mehrheit der Deutschen will Zugriff auf E-Patientenakte nur mit Zustimmung

Nur 18,8 Prozent der Bundesbürger sind dafür, dass Forscher automatisch auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen dürfen. Bei Ärzten halten dies etwas mehr für OK.​

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(Bild: Marko Aliaksandr/Shutterstock.com)

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Rückschlag für den Plan von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die bislang wenig gefragte elektronische Patientenakte (ePA) auf ein Opt-out-Prinzip umzustellen und Ärzten sowie Wissenschaftlern zugleich einen breiten Zugang zu dem digitalen Archiv etwa mit Arztbriefen, Befunden und verschriebenen Medikamente zu geben. "Jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch dabei", lautet die Devise Lauterbachs. Doch die Mehrheit der Deutschen will ausdrücklich um Einwilligung gefragt werden, bevor behandelnde Mediziner oder Forscher Zugriff auf ihre sensiblen Gesundheitsdaten erhalten.

Dies geht aus den am Donnerstag veröffentlichten Ergebnissen einer repräsentativen Umfrage des Instituts Ipsos im Auftrag der Fraktion der Grünen im EU-Parlament hervor. 58 Prozent der Bundesbürger sind demnach dafür, dass Ärzte Einsicht in ihre elektronischen Patientenverzeichnisse nur nehmen dürfen, wenn sie ausdrücklich eingewilligt haben. Nur 18,8 Prozent wollen, dass Forscher automatisch darauf zugreifen können. 47,8 Prozent drängen hier auf eine allgemeine Zustimmung, 25,8 Prozent sogar auf ein Opt-in zur Freigabe jedes spezifischen Forschungsprojekts. In Frankreich und Spanien sind die Verhältnisse ähnlich. In Estland sind mit 25 Prozent mehr Bürger dafür, dass ihre Gesundheitsdaten automatisch für Forschungszwecke freigegeben werden.

Unter Experten gibt es keine klare Linie dazu, ob ein Opt-out ausreichend ist für die Sicherung der Privatsphäre im Gesundheitssektor. Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar verwies jüngst darauf, dass auch das Instrument der Einwilligung nicht das Gelbe vom Ei sei. Viele sehen es vor allem durch die ständigen Cookie-Banner im Web entwertet. "Angesichts ständiger Berichte über Hacks und Leaks vertraulichster Patientenakten muss jeder Bürger selbst darüber entscheiden können, ob er eine elektronische Patientenakte überhaupt wünscht und welche Behandlungen dort aufgeführt sein sollen", hält der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) dagegen. "Um eine unabhängige zweite Meinung einholen und die vertrauliche Inanspruchnahme besonders sensibler Behandlungen wie Psycho- oder Drogentherapie sicherzustellen, muss auch die Entscheidung über ärztliche Zugriffe auf Patientenakten" in der Hand jedes Einzelnen verbleiben.

Die Grünen-Fraktion, der sich Breyer angeschlossen hat, hat daher zahlreiche Änderungsanträge zum Vorschlag der EU-Kommission für einen Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) ins EU-Parlament eingebracht. Damit soll eine ePA XXL in der gesamten EU eingeführt werden. "In Anbetracht der extremen Sensibilität von Informationen über die körperliche und geistige Gesundheit einer Person soll diese Verordnung ausreichende Garantien bieten, um ein hohes Maß an Datenschutz, Sicherheit, Vertraulichkeit und ethischer Verwendung der Informationen zu gewährleisten", fordern die Grünen. Die Mitgliedstaaten müssten etwa weiterhin die Zustimmung der Nutzer verlangen oder den Bürgern zumindest die Möglichkeit geben können, die Registrierung ihrer ePA durch alle oder ausgewählte Angehörige der Gesundheitsberufe in einem zentralen System abzulehnen. Die Freigabe von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke soll prinzipiell nur mit Zustimmung möglich sein.

(mack)