Merkel empört über Verzögerung beim BKA-Gesetz

Die Bundeskanzlerin ist nicht erfreut, dass der Bundesrat der Aufrüstung des Bundeskriminalamts vorerst seinen Segen vorenthalten hat. SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier versicherte, dass die Novelle nicht an seiner Partei scheitern werde.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel ist nicht erfreut, dass der Bundesrat der umkämpften Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) vorerst seinen Segen vorenthalten hat. "Ich finde es geradezu paradox und fahrlässig, die Terrorismusbekämpfung in die Hände des Bundes zu legen, und ihm dann nicht die Mittel zu geben, die man im eigenen Bundesland beansprucht", sagte die CDU-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" laut einem Vorbericht. Sie spielte damit auf eine zwischen Bund und Ländern in der Föderalismuskommission beschlossene Grundgesetzänderung an, die das Vorhaben nun mit konkreten Befugnissen wie etwa einer Lizenz zu heimlichen Online-Durchsuchungen für das BKA ausfüllen will. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der den vom Bundestag bereits beschlossenen Vorstoß ultimativ bis Weihnachten unter Dach und Fach haben will, sicherte Merkel ihre "volle Unterstützung" zu.

Einzelne Länder verweigerten dem Bund, "was sie sich selbst in ihren Landespolizeigesetzen zur Gefahrenabwehr zugestehen", klagte Merkel weiter. Mit Blick auf die verheerenden Anschläge im indischen Bombay und eine mögliche terroristische Bedrohung für Deutschland ergänzte die Kanzlerin: "Ich möchte, dass wir in der Lage sind, es mit terroristischen Kräften aufzunehmen und solche Angriffe oder Anschläge zu verhindern. Dafür müssen wir gewappnet sein." Die Bundesrepublik brauche dafür auch das BKA-Gesetz. Schäuble hatte erst am gestrigen Freitag dagegen erneut betont, dass Deutschland auch ohne das Vorhaben ein sicheres Land sei und bleibe.

Die bayerische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger betonte parallel im Deutschlandradio einmal mehr, dass kein Zeitdruck für die Verabschiedung der Novellierung bestehe. Weder eine EU-Richtlinie noch die Sicherheitslage in Deutschland zwängen die Politik zu einem überhasteten Vorgehen, sagte die Rechtsexpertin der Liberalen im Bundestag. "Ich glaube, es ist wirklich falsch und sehr vordergründig, diese fürchterlichen Anschläge in Bombay jetzt mit unserem BKA-Gesetz in Verbindung zu bringen", hielt Leutheusser-Schnarrenberger ferner den Sorgen Merkels entgegen. Stattdessen sei es nötig, über einige Kernpunkte des Gesetzentwurfs erneut zu verhandeln.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier versicherte derweil gegenüber dem "Handelsblatt", dass ein Kompromiss beim BKA-Gesetz "nicht an der SPD scheitern wird". Wenn die Bundesregierung in der Auseinandersetzung nun den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Länderkammer anrufen musste, sei dies noch kein Beweis dafür, dass die große Koalition nicht mehr durchsetzungsfähig sei. Zugleich warnte der Vizekanzler vor allem die FDP, sich im Wahljahr mit dem Widerstand gegen das ein oder andere markante Gesetz zu stark profilieren zu wollen. Eine generelle Blockadehaltung der Landesregierungen mit FDP-Beteiligungen wollte der Außenminister den Liberalen zumindest nicht empfehlen. Gerade angesichts der ernsten Lage glaube ich nicht, dass der Wähler so ein Verhalten honoriert."

Zu den technischen und rechtlichen Details der heimlichen Online-Durchsuchung und des Bundestrojaners veröffentlichte c't in der aktuellen Ausgabe (seit Montag, den 24. 11., im Handel) einen Hintergrundartikel:

  • Windei Bundestrojaner, Online-Durchsuchung vs. Gewährleistung von Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, c't 25/08, S. 86

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jo)