Meta gegen antisemitischen Missbrauch des Begriffs Zionismus

Antisemiten missbrauchen den Begriff Zionist als Deckwort für Jude oder Israeli. Meta will das nicht länger dulden, Kritik am Zionismus aber belassen.​

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Israelische Flagge

Flagge des Staates Israel

(Bild: Katarzyna Hurova/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Die Behauptung "Christen sind blöd" wäre auf Facebook verboten. "Monarchisten sind blöd" wäre hingegen gestattet. Die Regeln gegen Hassrede verbieten nämlich nur Hassrede hinsichtlich bestimmter Kriterien; die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion gehört dazu, jene zu einer politischen Weltanschauung nicht. Diese Unterscheidung machen sich Antisemiten zu nutzen: Sie verpacken anti-jüdische Hassrede im eigentlich politischen Begriff Zionismus. Rasch wird "Zionist" zum Deckwort für "Jud'" oder "Israeli". Jetzt versucht Facebook-Betreiber Meta Platforms, zu reagieren.

Fortan sollen Attacken auf "Zionisten" gelöscht werden, sofern sie sich nicht ausdrücklich auf Anhänger der politischen Bewegung des Zionismus beziehen, sondern antisemitische Stereotype bemühen oder Drohungen enthalten. Das hat der Datenkonzern am Dienstag bekanntgegeben. Insbesondere erfasst sind entmenschlichende Vergleiche mit Ungeziefer oder Unrat, Aufrufe zu Körperverletzungen oder Ermordung, das Auslachen schwer Kranker, das Absprechen der Existenz oder die Lüge, wonach "Zionisten" die Welt regierten oder die Medienwelt kontrollierten.

Begriff Zionismus

Zionismus kann in verschiedene Richtungen unterteilt werden, etwa kulturellen und politischen Zionismus. Ersterer strebt nach jüdischer Besiedelung des geografischen Palästina, letzterer nach einem unabhängigen jüdischen Staat respektive dessen Erhaltung, aber nicht unbedingt in dem genannten Gebiet. Solche Bestrebungen gibt es seit der Zerstörung des ersten jüdischen Tempels in Jerusalem und der Vertreibung der meisten Juden im sechsten Jahrhundert vor Christus.

Die Verbreitung der Bezeichnung "Zionismus" wird auf den Wiener Nathan Birnbaum zurückgeführt, der den Begriff spätestens ab 1890 verwendet hat. Das Wort leitet sich ab von Zion, einst eine Turmburg auf dem Tempelberg in Jerusalem, heute ein Synonym für den Tempelberg, die Stadt und den Staat Israel. Für gläubige Juden meint Zion auch den Wohnsitz Gottes.

Meta beschäftigt sich schon längere Zeit mit der schwierigen Abgrenzung und hat das Thema dieses Jahr mit 145 Interessengruppen aus verschiedenen Kontinenten erörtert. Da Sprache selten exakt ist, lässt auch die neue Regelung im Detail Fragen offen. Beispielsweise kann undeutlich sein, ob "die Zionisten" in einem Online-Posting Regierung oder Militär des Staates Israel meint, oder wirklich alle Zionisten, oder eigentlich alle Juden (so wie "die Russen", "die Amerikaner" oder "die Deutschen" ja häufig für Staatsführung oder Streitkräfte des Landes steht, nicht unbedingt für alle Bürger schlechthin).

Dieses Problem beschränkt sich natürlich nicht auf "Zionisten". Metas Management hat dem von ihm eingesetzten Oversight Board drei einschlägige Fälle vorgelegt. In einem Fall wurde auf der Plattform Thread in Zusammenhang mit dem Vorwurf des Völkermords unterstellt, "alle Israelis" seien kriminell. Im zweiten Fall wurde auf Facebook der Vorwurf, kriminell zu sein, gegen "Amerikaner" und "Russen" erhoben. Der dritte Fall stammt von Instagram, wo jemand postete: "Alle Inder sind Vergewaltiger."

Die Entscheidungen des Oversight Board stehen noch aus. Dieser unabhängige Beschwerde-Rat überprüft ausgewählte Streitfälle zwischen dem Konzern und seinen Anwendern, berät aber auch vom Management selbst vorgelegte Probleme. Den Empfehlungen des Oversight Board folgt Meta aber nicht immer.

(ds)