Meyers Lexikon lässt Leser mitschreiben

Wikipedia färbt ab: Ab sofort können Internetnutzer auf dem Online-Portal von Meyers Lexikon, das vom Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus herausgegeben wird, gemeinsam Artikel schreiben und auch online stellen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Wikipedia färbt ab: Ab sofort können Internetnutzer auf dem Online-Portal von Meyers Lexikon gemeinsam Artikel schreiben und auch online stellen. Neben Texten möchte Meyers Lexikonverlag auch Bilder von Nutzern in sein Online-Portal aufnehmen. Die Annäherung an die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia kommt nicht von ungefähr. Schon seit vergangenem Jahr setzt der Verlag bei seinem Online-Angebot auf die Software Mediawiki, die auch Grundlage der Wikipedia ist. Bisher konnten die Leser aber nur per Kontaktformular neue Artikel oder Verbesserungen vorschlagen, die dann von der Redaktion umgesetzt wurden. In einem neuen Artikelbereich können die Nutzer nun direkt den Artikeltext überarbeiten.

Allzu große Ähnlichkeit zur Wikipedia sieht Klaus Holoch, Pressesprecher vom Bibliographischen Institut & F. A. Brockhaus AG (Bifab), allerdings nicht. "Die Artikel werden von Profis kontrolliert", erklärt Holoch im Gespräch mit heise online. Die 60-köpfige Lexikon-Redaktion garantiere, dass nur korrekte Informationen in Form der "geprüften Artikel" erscheinen werden. "Für uns ist das noch ein großer Test", erklärt Holoch. Zwar hätten die Leser schon seit dem vergangenen Jahr die Feedback-Möglichkeiten rege genutzt – nun sei man gespannt, wie die Leser die neuen Mitwirkungsmöglichkeiten nutzen werden und wie die Lexikonredaktion diese verwerten könne.

Gleichzeitig möchte Meyers auch die Bebilderung des derzeit reinen Textangebotes der Community überlassen. Auf einer eigenen Plattform können angemeldete Nutzer Bilder hochladen, die der Illustration der Lexikonbeiträge dienen sollen. Für die Bilder, die bis zum 3. Oktober bei dem Verlag eingereicht werden, setzt der Verlag eine Prämie von insgesamt 10.000 Euro aus.

Wer bei Meyers mitarbeiten will, muss sich im Gegensatz zur Wikipedia registrieren. Über einen Kartenreiter gelangt man zu einer "bearbeitbaren Version", die dann gegebenenfalls von der Lexikonredaktion zu einer "geprüften Version" hochgestuft werden kann, die bei einer Recherche in dem Portal als Erstes erscheint. Das Konzept erinnert an die stabilen Artikelversionen, die Wikipedia-Gründer Jimmy Wales bereits vor einem Jahr angekündigt hatte. Noch wurde dieses Konzept in der freien Online-Enzyklopädie aber noch nicht umgesetzt.

Die Nutzerbeiträge sollen nach Plänen des Bifab lediglich zur Verbesserung der Online-Artikel von Meyers Lexikon dienen, eine Weiterverwertung in den Print-Ausgaben des Verlags ist derzeit nicht geplant. Wer sich an dem Projekt beteiligen will, muss dem Verlag das Nutzungsrecht an seinen Beiträgen einräumen und garantieren, dass diese nicht gegen Rechte Dritter verstoßen. Die Inhalte von Meyers Lexikon dürfen gemäß den Nutzungsbedingungen nicht kommerziell genutzt werden, Privatpersonen maximal zehn Lexikonartikel auf ihren Webseiten zitieren.

"Ich finde es großartig, wenn ein Lexikonhersteller wie das Bibliographische Institut und F.A. Brockhaus sich mit Wikis und kollaborativer Texterstellung auseinandersetzt", sagt Frank Schulenburg, zweiter Vorsitzender von Wikimedia Deutschland. "Schade, dass sie nicht so konsequent waren und eine freie Lizenz bei den Inhalten gewählt haben. Dadurch würden nicht nur das Meyers-Lexikon von der Mitarbeit Freiwilliger profitieren, sondern alle Menschen." Positiv bewertet der Verein die Mitarbeit des Verlags an der Software Mediawiki. Änderungen an den Quelltexten stellt der Verlag gemäß der GPL auf einer eigenen Webseite zum freien Download bereit. (Torsten Kleinz) / (jk)