Microsoft: Open Source ist Geldverschwendung

Behörden, die auf Open Source migrieren, schaden der Software-Branche ihres Landes. Das sagte der ehemalige Red-Hat-Mitarbeiter Chris Sharp, den nun Microsoft beschäftigt.

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Die Zeiten, da auch hohe Microsoft-Offizielle öffentlich gegen Open Source auf den Putz hauten, schienen vorbei. Über "Open Source als positive Herausforderung" war jüngst sogar zu lesen, und nicht mehr wie vor drei Jahren aus dem Munde des Redmonder CEOs Steve Ballmer über "Linux als Krebsgeschwür". Nun hat der ehemalige Mitarbeiter des Linux-Distributors Red Hat, Chris Sharp, der seit Juli 2003 bei Microsoft für die Plattform-Strategie in Asien/Pazifik und China zuständig ist, Tacheles geredet: Er meinte gegenüber Journalisten, die Entwicklung von Open-Source-Software sei Geldverschwendung, berichtet die Computerworld Philippines.

Regierungen, die für ihre IT-Infrastruktur auf Open Source setzen, schädigen laut Sharp kommerzielle Software-Firmen. Diesen würden Investitionen vorenthalten, die sie bräuchten, um mehr Software-Produkte zu entwickeln. Für jeden Dollar, den Microsoft für seine Produkte einnehme, gingen 8 Dollar an andere Unternehmen, deren Programme auf Microsoft-Software basieren. Zudem würden Open-Source-Entwickler das Recht auf ihr geistiges Eigentum aufgeben und hätten daher keine Chance, selbst von ihm zu profitieren.

Sharp, der sich in einem Interview als "nicht religiöses ehemaliges Mitglied der Open-Source-Gemeinde" sieht, nahm zudem die Gelegenheit wahr, mit ein paar Mythen aufzuräumen, die seiner Meinung nach um Open Source gewoben und gerne geglaubt würden; beispielsweise die Meinung, Open Source sei frei. Dabei hätten auch Unternehmen, die sich für derartige Software engagierten, kommerzielle Interessen. Auch Red Hat und IBM seien auf Gewinne erpicht. Wenn sich Investitionen nicht lohnen, sei es schwer, neue Software zu entwickeln. In diesem Zusammenhang erklärte Sharp, geistiges Eigentum treibe fortwährende Innovationen in einem Software-Unternehmen voran.

Es gebe viele Meldungen, dass Länder auf Open Source umstellen wollen, beklagte Sharp. Dabei seien es häufig lediglich einzelne Behörden, die solche Mitteilungen herausgeben würden, es seien also nur Teile der gesamten IT-Infrastruktur einer Regierung betroffen. Zudem glaubt der Microsoft-Manager, dass viele Behörden ihre Entscheidungen aus aktuellen Notwendigkeiten heraus treffen, aber keine Software-Strategie haben. Dabei belegten Studien, dass kommerzielle Software weniger Betriebskosten verursache als Open-Source-Software, meint Sharp.

Ein Gegenbeispiel dafür, dass sich Investitionen in Open Source angeblich nicht lohnen, stellen nach eigener Ansicht die Unternehmen MySQL, Sleepycat Software und Trolltech dar. Diese hatten im März bekannt gegeben, dass Dank des dualen Lizenzmodelles die Lizenzeinnahmen im Jahr 2003 um 65 Prozent angestiegen seien. Das Wachstum sei damit zehn mal höher als das der US-amerikanischen IT-Investitionen im Jahr 2003. Daher sehen sich die drei Unternehmen als überzeugende Open-Source-Unternehmen der zweiten Generation.

Im Rahmen des "Dual Licensing" bieten die Hersteller ihre Produkte unter den Free-Software/Open-Source-Lizenzmodellen wie GNU GPL an, aber auch unter einer kommerziellen Lizenz. Mit diesen Lizenzen entfällt die Pflicht, eigene Entwicklungen wieder der Community zugänglich zu machen, die normalerweise ein Bestandteil aller Open-Source-Lizenzen ist. Außerdem haben Kunden mit kommerziellen Lizenzen Anspruch auf Serviceleistungen der Hersteller. (anw)