Microsoft-Prozeß: Gates erinnert sich nicht

Die zwei Gesichter von Bill Gates: Zur Eröffnung der Herbst-Comdex in Las Vegas zeigte sich der Microsoft-Chef als wortgewandter und visionärer Industrieführer.

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Von
  • Egbert Meyer

Die zwei Gesichter von Bill Gates: Zur Eröffnung der Herbst-Comdex in Las Vegas zeigte sich der Microsoft-Chef als wortgewandter und visionärer Industrieführer. Den anderen, wortkargen Bill Gates, der sich nur schemenhaft an die Zukunftspläne erinnern will, die in seiner Firma schmiedete, erleben die Amerikaner zur Zeit beim Anti-Trust-Prozeß gegen Microsoft. Die Verhandlung startete mit weiteren Ausschnitten aus Gates' Video-Verhören vom Sommer diesen Jahres in die fünfte Woche. Die Protokolle kreisten um EMails vom Januar 1996, in denen Gates erklärt hatte, "der Gewinn zusätzlicher Marktanteile bei Browsern" sei ein "sehr, sehr wichtiges Ziel" ("winning Internet browser share is a very, very important goal for us").

Auf den im Gerichtssaal vorgeführten Video-Bändern blockte Gates den leitenden Staatsanwalt David Boies mehrfach mit dem Hinweis auf Gedächtnislücken ab. Der Ermittler setzte die Vernehmung unbeirrt fort: Ob Gates sich entsinnen könne, von welcher Firma Microsoft die Browser-Marktanteile erringen wollte? Gates mauerte: "Ich verstehe Ihre Frage nicht!" Nach hartnäckigem Insistieren des Ermittlers räumte Gates ein, er könne sich nicht mehr daran erinnern, was oder an wen er beim Verfassen des Textes gedacht habe. Nach einem 20minütigen verbalen Sparring, in dem sich Gates unwirsch und wenig kooperativ gab, resümierte Boies: "Sie können sich nicht erinnern, was Sie beim Verfassen des Textes gedacht haben und Sie erinnern sich auch nicht, wen Sie meinten, als Sie das schrieben? Ist das richtig?" Gates konterte: "Ebenso wie ich mich nicht erinnere, das jemals geschrieben zu haben". Der Verhandlungsführer, Richter Thomas Penfield Jackson, quittierte die Einlassung mit Kopfschütteln und vernehmbarem Gelächter. (em)