Microsoft geht vor EU-Gerichtsanhörung in die Offensive [Update]

Im Vorfeld der Anhörung im Prozess um das EU-Kartellverfahren betonten Microsoft-Juristen, der Markt für Medienplayer sei intakt und wachse.

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Von
  • Jürgen Kuri

Im Gerichtsstreit um die EU-Sanktionen gegen Microsoft geht der Software-Konzern in die Offensive. Microsoft-Chefjurist Brad Smith sagte am Montag in Brüssel: "Der von der Kommission geschaffene Präzedenzfall bringt Europa und die Welt nicht vorwärts, sondern in die falsche Richtung." Die Anwälte von Microsoft wollen sich von Donnerstag an bei einer Anhörung im EU-Gericht Erster Instanz in Luxemburg mit ihren Argumenten Gehör verschaffen. Smith sagte laut dpa, der Markt für Mediaplayer zum Abspielen von Multimediaprogrammen werde nicht von seinem Unternehmen beherrscht; er wachse hingegen und funktioniere.

Die EU-Kommission hält Microsoft für schuldig, durch "Missbrauch seines Quasi-Monopols (Artikel 82 EG-Vertrag) gegen die EG-Wettbewerbsregeln verstoßen" zu haben. Die Kommission hatte unter anderem entschieden, Microsoft habe sein Fast-Monopol bei PC-Betriebssystemen rechtswidrig auf den Markt für Mediaplayer ausgeweitet. Microsoft müsse deshalb PC-Herstellern und Endnutzern die Möglichkeit geben, Windows auch ohne den Windows Media Player zu erwerben.

Außerdem hat Microsoft nach Ansicht der EU-Kommission seine Position bei den Desktop-Systemen auch zum Erreichen einer dominierenden Position im Markt für kleinere Server für Arbeitsgruppen genutzt. Microsoft solle daher die vollständigen und genauen Schnittstellenspezifikationen offen legen, mit denen nicht von Microsoft stammende Arbeitsgruppenserver uneingeschränkt mit Windows-PCs und Servern kommunizieren können.

Microsoft hatte gegen das im März von der EU-Kommission wegen Ausnutzung eines Monopols verhängte Rekord-Bußgeld von 497 Millionen Euro und die Öffnung von Sparten für mehr Wettbewerb geklagt. Das Bußgeld hatte Microsoft fristgerecht an die EU-Kommission überwiesen. Der Konzern will aber die Änderung der Geschäftspraktiken bis zu einer Entscheidung des Hauptverfahrens auf Eis legen lassen. In der vergangenen Woche erst wurde bekannt, dass der europäische Flugzeugbauer Airbus ein Schreiben in dem Kartellverfahren, das Microsoft zu Gute gekommen wäre, wieder zurückgezogen hat.

[Update]:
Microsoft-Anwalt Smith machte laut dpa deutlich, sein Unternehmen habe Millionen von Dollar investiert, um sich bei einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung den Kommissionsauflagen zu beugen. Microsoft könnte also eine Version von Windows ohne Media Player ausliefern, wenn die Gerichte die Entscheidung der EU-Kommission bestätigen. Der Chefjurist sagte, sein Unternehmen sei weiterhin offen, mit der Kommission über eine freiwillige Vereinbarung zu verhandeln. Eine solche Vereinbarung war im März gescheitert, weil EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti mit einer rechtsverbindlichen Entscheidung und einer Zwangsöffnung von Sparten einen Präzedenzfall schaffen wollte. (jk)