Microsoft lässt Longhorn teilweise in Indien entwickeln

Eine US-amerikanische Gewerkschaft beruft sich auf interne Dokumente des Software-Unternehmens, laut denen es entgegen eigenen Aussagen auch wichtige Teile der Entwicklungsarbeiten ins Ausland ausgelagert hat.

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Der Softwareriese Microsoft lässt einige Bestandteile des kommenden Betriebssystems mit Codenamen Longhorn in Indien entwickeln. Das behauptet die Gewerkschaft Washington Alliance of Technology Workers (WashTech). Ihr liegen nach eigenen Angaben interne Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass Microsoft mehr Arbeiter auf dem Subkontinent beschäftigt als zuvor angegeben. Außerdem, meint WashTech, arbeiten diese Beschäftigten nicht nur in einem "Low-Level"-Bereich wie Call-Centern, sondern seien auch an Entwicklungsprojekten beteiligt. Dabei habe Microsoft behauptet, seine wichtigen Entwicklungsarbeiten nicht ins Ausland auslagern zu wollen.

In Haiderabad und Bangalore beschäftige Microsoft statt der angegebenen 970 insgesamt 1900 Mitarbeiter, geht laut WashTech aus den Dokumenten hervor. 1000 seien Vertragsarbeiter, 900 Vollzeitangestellte. Aus den Mitarbeiterlisten und Verträgen mit Partnerunternehmen schließt WashTech, dass einige Entwickler mit der Sicherheit von .NET-Anwendungen befasst sind, andere mit der Migration auf Longhorn und dem darin enthaltenen Telephony Application Programming Interface (TAPI). Auch geschehe das Testen von Service-Packs teilweise im Ausland. Eine Vereinbarung mit HCL Technologies aus dem Juni 2003 beinhalte die Beschäftigung von Entwicklern, Ingenieuren, Projekt-Managern und Web-Entwicklern.

WashTech befürchtet, unter anderem durch Berichte über Pläne Microsofts für den Bau eines India Development Center Campus in Haiderabad, die Jobs der in Redmond Beschäftigten würden durch neue Niedriglohn-Arbeitsplätze gefährdet. Die Arbeiterorganisation zitiert Ron Hira, Assistenz-Professor am Rochester Institute of Technology, laut dem Unternehmen schlechte Publicity vermeiden wollen und Offshoring-Pläne nur hinter vorgehaltener Hand besprechen. Und Microsoft sei nicht bloß ein Software-Dienstleistungsunternehmen, sondern ein Software-Entwickler. Wenn dieses Unternehmen auslagere, dann handele es sich zwangsläufig um Arbeitsplätze auf höherem Niveau.

Weiter beruft sich WashTech auf einen nicht benannten ehemaligen Microsoft-Mitarbeiter. Dieser behaupte, Microsoft würde so lange auslagern, wie sich das Unternehmen davon einen Vorteil verspreche. Durch Offshoring glauben US-amerikanische Unternehmen, ihre Kosten für Hightech-Fachleute um ein Drittel kürzen zu können. Laut Schätzungen von Forrester werde die Zahl der aus den USA ausgelagerten Arbeitsplätze von 400.000 in diesem Jahr auf 3,3 Millionen im Jahr 2015 zunehmen. (anw)