Microsoft und die BSA plädieren für Reform des Patentsystems

Mitten im Streit um die Einführung von Softwarepatenten in der EU fordern US-Branchengrößen eine bessere Qualitätsprüfung bei den Patentämtern und Nachlässe bei der Patentanmeldung für Mittelständler.

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In den USA werden die Rufe nach einer Neuordnung des Patentwesens immer lauter. Nach den US-Wettbewerbshütern, US-Bürgerrechtlern und Firmen aus dem Open-Source-Bereich macht sich nun auch Microsoft für eine Reform insbesondere der Erteilungspraktiken des US-Patentbüros stark. Gleichzeitig hat die Business Software Alliance (BSA), eine Vertretung hauptsächlich US-amerikanischer kommerzieller Softwaregrößen einschließlich Microsoft, ähnliche Vorschläge für das Europäische Patentamt unterbreitet.

Microsofts Chefjustiziar Brad Smith stellte am Donnerstag seine Verbesserungspläne vor. "Wir geben jährlich gewöhnlich knapp 100 Millionen US-Dollar aus, um uns durchschnittlich gegen 30 bis 40 Patentklagen gleichzeitig zu wehren", ärgerte sich Smith über die Schattenseiten des Systems. "Es ist zu einfach geworden für den Inhaber eines schwachen Patentes, eine Klage als das ultimative Lotterie-Ticket zu betrachten", schimpfte er auf die wachsende Bedrohung durch so genannte Patent-Trolle. Das US-amerikanische Patentsystem könne zu einfach missbraucht werden, um Innovationen zu verhindern.

Den Ausweg aus der Krise sieht Microsoft hauptsächlich darin, das US-Patentbüro mit verstärkten Ressourcen für die ernsthafte Prüfung jedes Patentantrags zu versehen. Drittparteien sollten dafür auch von Anfang an Eingaben machen dürfen über Nachweise auf eventuell bereits vorhandene Erfindungen. Auch eine Kammer für nachträgliche Beschwerden soll das US-Patentamt vergleichbar zu seinem europäischen Pendant laut Microsoft bekommen. Weiter setzt sich der Konzern dafür ein, Erfindern mit einer nur geringen Anzahl an Patentanträgen pro Jahr keine Kosten dafür in Rechnung zu stellen. So sollen auch Einzelpersonen, Universitäten sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) befähigt werden, mehr Patente zu erlangen. Momentan "funktioniert das System nur für die größten Firmen", begründet David Kaefer, bei Microsoft für die Vermarktung geistigen Eigentums zuständig, diesen Ansatz.

Ein weiterer Punkt auf der Reformagenda des Giganten ist neben der Senkung der Gerichtskosten die "Harmonisierung" der weltweiten Patentregime. Auch davon würden kleine und mittelständische Firmen profitieren. Ganz in diesem Sinne hat Anfang der Woche auch bereits die BSA ihren vergleichbaren Reformkatalog präsentiert. Darin geht es etwa um die Einrichtung eines "KMU-Komitees" zur Überwachung der Beteiligung des Mittelstands am Patentprozess. Zudem fordert die BSA die Einschränkung der Praxis der Gebührenabzweigung für nicht patentrelevante Zwecke bei den Behörden.

Generell rühren die Empfehlungen nicht am Prinzip des Patentsystems und richten sich keineswegs gegen Schutzansprüche für Software. Die Kritik vieler Entwickler, dass sie jeden Schritt beim Programmieren von Patentanwälten absichern lassen müssten, wird nicht aufgegriffen. Die BSA begrüßt vielmehr die Annahme der Position des EU-Rates zur Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen".

Die Verabschiedung der Ratsposition sorgt derweil weiter für Wortgefechte. So hat der niederländische Wirtschaftsminister Laurens Jan Brinkhorst seinem dänischen Kollegen, Berndt Bendtsen, vorgeworfen, sich nicht ernsthaft gemäß der Weisung aus dem Kopenhagener Parlament für eine Neuverhandlung des Standpunkts ausgesprochen zu haben. Bendtsen habe es bei einem "Coitus Interruptus" belassen, wurde Brinkhorst laut Agenturberichten anzüglich. Zudem häufen sich die Hinweise darauf, dass die Entscheidung im Wettbewerbsrat und das großzügige Hinwegsehen über parlamentarische Aufforderungen schon bei einem informellen Abendessen der Minister am Sonntagabend abgesprochen wurde.

Ein neuer Konfliktherd zwischen dem Rat und dem EU-Parlament zeichnet sich zudem bereits ab: Die Abgeordneten prüfen nach wie vor das Prozedere im Rat und haben den "gemeinsamen Standpunkt" der Minister bislang nicht angenommen. Dies ist nun frühestens in der nächsten Plenarwoche im April möglich. Gleichzeitig bahnt sich ein Streit an, ob die dreimonatige Frist für die Vorbereitung der 2. Lesung bereits läuft. (Stefan Krempl) / (anw)