Midemnet: Musikbranche auf der Suche nach dem rechten Weg

Es fehle nicht an Innovationen für die Distribution digitaler Musik, sagte Michael Robertson, CEO von MP3Tunes bei der Auftaktdiskussion der Midemnet, des Technologieforums der Musikmesse Midem in Cannes.

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  • Monika Ermert

Es fehle nicht an Innovationen für die Distribution digitaler Musik, sagte Michael Robertson, CEO von MP3Tunes bei der Auftaktdiskussion der Midemnet, des Technologieforums der Musikmesse Midem in Cannes. Aber die Blockadehaltung der großen Musikunternehmen sorge noch immer dafür, dass Innovationen von der "dunklen" Seite des Internet kommen. "Schaut auf Pirate Bay", sagte Robertson. Dort könne man sehen, wie Musik morgen im Internet vertrieben werde.

Robertson nahm nur per Livestream an der Diskussion mit Eric Nicoli, dem ehemaligen Chef des Musikmajors EMI, und Gnutella-Mitentwickler und Topspin-CEO Ian Rogers teil. Robertson musste am Freitag einen Gerichtstermin wahrnehmen, den EMI gegen MP3Tunes angestrebt hatte.

Die Musikindustrie müsse die Bereitschaft, neue Angebote wegen Urheberrechtsverletzungen zu verklagen, endlich hinter sich lassen, forderte Ted Cohen, Mitglied des Programmkomitees der Musikmesse in seinem Rückblick auf das erste Jahrzehnt der digitalen Musikindustrie und 10 Jahre Midemnet. Statt Klagen, kurzfristiger Deals und "Profitgier" bedürfe es einer nach vorne gerichteten Strategie. "Noch immer fehlt es an einem sinnvollen Abkommen mit den Internet Service Providern", sagte Cohen. Zudem müsse man darauf achten, dass Kapitalanleger gerade in der aktuellen Krise nicht abgeschreckt würden. Dazu brauchen die Majors dringend die Technologen. Am besten, so ein Vorschlag aus den Reihen des Midem-Publikums, sollten Technologen, statt MBA-Ökonomen an der Spitze der Musikmajors stehen.

Die Persönlichkeiten, die im ersten Jahrzehnt des digitalen Musikgeschäfts an der Spitze der großen Musikunternehmen standen, hätten die Rolle der "Gatekeeper" behalten wollen, räumte Nicoli ein. Das Unvermögen, Partnerschaften einzugehen, sei daher wohl einer der Fehler, die man gemacht habe. Ob ein Deal mit Napster vor 10 Jahren die Geschicke der Branche maßgeblich verändert hätte, sei schwer zu sagen. "Es ist aber ein Jammer, dass es nicht geschehen ist", so Nicoli. Nicoli verteidigte die vielen Klagen damit, dass digitale Technologien die Möglichkeit fürs "illegale Kopieren" vervielfacht hätten.

Als das Dümmste, was man nur machen kann, bezeichnete Rogers die Napster-Klage. "Man kann auch TCP-IP nicht aus der Welt klagen," sagte Rogers. Die Entwicklung von Gnutella sei auch eine Antwort auf die Napster-Klage gewesen und sie sei darauf ausgerichtet gewesen zu zeigen, dass man "den Geist nicht wieder in die Flasche hinein bekommt."

Die ewigen Klagen hätten den Weg dafür verstellt, sich der neuen Technologien zu bedienen. Anstatt über Kontrolle hätte die Branche über die Kunden und deren Bedürfnisse reden sollen. Nicoli räumte ein, dass das Wort Kunde bei den Majors zu Beginn der digitalen Dekade "nirgends vorgekommen" sei. Mit der Abkehr von Digital Rights Management habe man sich verhalten wollen, als "traue man den Kunden", sagte Nicoli. Manche hätten gesagt, dieser Schritt sei zu spät gekommen.

Eine generelle Kulturflatrate als einzigen Ausweg für die Musikbranche forderte auf dem offiziellen MidemNetBlog der ehemalige Vorsitzende der International Music Manager Forum. Eine solche Kulturflatrate empfehlen Verbraucher- und Bürgerrechtsgruppen seit vielen Jahren. (Monika Ermert) / (mw)