Milliardenpoker um britische Mobilfunklizenzen

Hintergrund: Seit 6. März werden in Großbritannien fünf UMTS-Lizenzen versteigert. Die Gebote summieren sich unterdessen auf 21 Milliarden Pfund.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dieter Ebeling
  • dpa

Es geht um so viel Geld, dass selbst der britische Finanzminister Gordon Brown noch nicht genau weiß, was er damit tun wird. Im Internet kann der Schatzkanzler jederzeit nachschauen, wie gut es ihm heute gerade wieder geht: Im Moment liegen die unerwarteten Einnahmen der Staatskasse bei 21,2 Milliarden Pfund (67,8 Milliarden DM). Und praktisch täglich werden es mehr. Seit 6. März werden in Großbritannien fünf Lizenzen für Mobilfunk der Dritten Generation (UMTS) versteigert.

Ursprünglich waren 13 Bewerber im Rennen, jetzt sind es nur noch sechs. Sobald der erste dieser sechs nicht mehr weiter bietet, ist die Auktion zu Ende. Natürlich hatte die Londoner Regierung erfeuliche Einnahmen aus der Versteigerung der begehrten Lizenzen erhofft – aber nicht in diesen Dimensionen. Schon jetzt wurden die ersten Erwartungen um das Fünffache übertroffen.

Als bisher letzter Bieter stieg die nicht gerade finanzschwache spanische Telefonica aus. Sie will nun die Wachstumsmöglichkeiten im Mobiltelefonbereich der Dritten Generation anderswo in Europa suchen. Beispielsweise in Italien, wo die Lizenzen noch nach alter Väter Sitte in einem Verfahren vergeben werden, das in der Branche als "Schönheitswettbewerb" bekannt ist: Dort erhalten die Bewerber den Zuschlag auf Grund der Qualität und des Rufes ihrer Unternehmen und nicht des schnöden Mammon wegen.

Die britische Regierung hat nach eigenem Bekunden als erste in Europa erkannt, dass mit den begehrten Lizenzen für die nächste Mobilfunk-Generation sehr viel Geld gemacht werden kann. Für das Verfahren, so heißt es im Handelsministerium, hätten auch die Regierungen anderer Länder Interesse angemeldet und um Erfahrungsberichte gebeten. Denn die Zahl der Lizenzen ist wegen der Technik begrenzt. Und diese nächste Mobilfunkgeneration mit dem richtig schnellen Zugang zum Internet ist für die großen Anbieter überlebenswichtig.

Die Regeln des großen Telefon-Pokers sind relativ einfach. Fünf Lizenzen sind zu vergeben, von denen die attraktivste mit der größten technischen Reichweite für einen Neuling auf dem britischen Markt reserviert ist. Damit soll die Konkurrenz vergrößert werden. (Derzeit bietet die kanadische TIW dafür 4,38 Milliarden Pfund.) Die Bieter schicken zeitgleich jeden Tag die Gebote an eine zentrale Stelle, alle Beteiligten werden über die jeweils höchsten Gebote informiert. Die Wettbewerber können dann entscheiden, ob sie das Höchstgebot überbieten. Wenn die Auktion abgeschlossen und die Lizenzen erteilt sind, bittet Brown für die Hälfte des Betrages um einen gedeckten Scheck, für den Rest ist Ratenzahlung möglich. Außer TIW sind noch im Rennen: BT Cellnet, Vodafone AirTouch, NTL, One2One und Orange.

Die Gefahr bei diesem Verfahren ist nach Ansicht seiner Gegner, dass sich ein Unternehmen in der Verzweiflung finanziell überschätzen könnte: 1997 musste der Gewinner einer Lizenzauktion in den USA kurz nach dem Sieg Konkurs anmelden. Auch glauben Kritiker, dass sich lediglich die Regierung bereichern könnte: Die Kunden müssten die Kosten über höhere Preise beim Telefonieren aufbringen, die Aktionäre der Bieter würden des Shareholder Value beraubt. Das Handelsministerium weist solche Einwände zurück: Die Auktion sei fairer und transparenter für neue Konkurrenten und begünstige schließlich jenen, der den größten wirtschaftlichen Nutzen erwirtschaften kann.

Schatzkanzler Brown hat im Parlament bereits vor Begehrlichkeiten gewarnt. Die Steuern würden nicht gesenkt, Geschenke nicht gemacht. Er habe noch viele alte Schulden zu bezahlen. (Dieter Ebeling, dpa ) (cp)