Ministertreffen: Deutscher Umgang mit Huawei bleibt unklar​

Die Debatte um chinesische Netzausrüster geht weiter. Nach einem Spitzentreffen der Bundesregierung gibt es Ankündigungen über eine baldige Entscheidung.

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(Bild: Blue Planet Studio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Falk Steiner

Wie die Bundesregierung chinesische Netzwerktechnik aus den Mobilfunknetzen herausbekommen will, bleibt weiterhin unklar. Eine Entscheidung soll jedoch noch vor der parlamentarischen Sommerpause ab Anfang Juli fallen. Das wurde Medienberichten zufolge bei einem Spitzentreffen am Donnerstag entschieden, beteiligt daran waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Bereits seit mehreren Jahren wird in der Bundesregierung darüber debattiert, ob das Risiko, das vor allem von Huawei für die deutschen Mobilfunknetze ausgeht, zu groß sei. Öffentlich vorgetragene Belege dafür, dass Hard- und Software der Firma ein IT-Sicherheitsrisiko darstelle, gibt es nicht. Die Bundesregierung wies bereits im Januar darauf hin, dass mit "zunehmender informationstechnischer Komplexität von kritischen (Software-)Komponenten […] ein wesentlicher Teil der Beherrschbarkeit der Technologie im Rahmen der Produktpflege (Softwareupdates, Firmware-Updates, Schließen von Sicherheitslücken) beim Hersteller selbst oder innerhalb der weiteren Lieferkette" verbleibe. Ob dieses Risiko in Zukunft beherrschbar ist, ist umstritten.

Dazu kommen weitere Bedenken, in der internationalen Debatte werden sowohl Vorkommnisse in Australien als auch eine grundsätzliche, wirtschaftspolitische Frage angeführt: Würden die beiden europäischen Netzwerkausrüster Nokia und Ericsson überhaupt dauerhaft überleben, wenn Huawei weiter weltweit Marktanteile erringt?

2021 war mit der Novelle dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 der neue Paragraf 9b ins BSI-Gesetz aufgenommen worden. Mit ihm kann das Bundesinnenministerium den erstmaligen Einsatz neuer, kritischer Komponenten in Kritischer Infrastruktur (KRITIS) untersagen, wenn etwa die sicherheitspolitische Unbedenklichkeit infrage steht. Bis Anfang Mai 2024 wurden insgesamt 19 Komponenten von den Betreibern angezeigt, von einer formellen Untersagung durch das Innenministerium ist nichts bekannt. Das BMI hatte im vergangenen Jahr zusätzlich zur Prüfung neuer Komponenten auch eine Prüfung bereits im Einsatz befindlicher Bauteile begonnen. Die Ergebnisse dieser Ex-Ante-Prüfung, bei der alle in den jeweiligen öffentlichen 5G-Mobilfunknetzen bereits im Einsatz befindlichen kritischen Komponenten analysiert werden, liegen bis heute nicht vor.

Noch vor wenigen Tagen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei einer sicherheitspolitischen Grundsatzrede keinen Zweifel an seiner Position gelassen: "Die Telekommunikationsinfrastruktur im Kernnetz sollte mit europäischer Technik geführt werden." Das würden einige Anbieter auch bereits heute machen – "einer speziell nicht", deutete Habeck mit dem Finger auf die Telekom, ohne diese zu nennen. Da die Gesetzgebung ausreichend Fristen vorsehe, "könne man das jetzt auch einfach mal tun", antwortete er bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik auf eine Frage des Botschafters Kai Sauer des Nokia-Heimatlandes Finnland.

Im Digitalministerium wollte man eigentlich die Ergebnisse der Untersuchungen des BMI abwarten. Die Befürchtung, die auch aus dem Kanzleramt zu hören war: Bei einer voreiligen Entscheidung mit einem Zwangsaustausch von Huawei-Komponenten könnten die Ausbauziele der Telekommunikationsunternehmen nicht mehr erreicht werden. Digitalminister Wissings Haus hatte sich – im Sinne der betroffenen Unternehmen – öffentlich mehrfach eher für die Variante eines Ausschleichens der Huawei-Abhängigkeit ausgesprochen. Mit der regulären Rotation der Sendeanlagen könnte Huawei dann bis 2029/30 allmählich aus den Mobilfunknetzen verschwinden, ohne Ausbauprobleme zu verursachen, wie sie etwa für das Vereinigte Königreich mit seinem strikten Huawei-Verbot berichtet werden. Dort war nach dem Huawei-Verbot der Ausbau ins Stocken geraten.

Eine Einigung darüber, wie mit chinesischen Herstellern in KRITIS umzugehen ist, muss auch aus einem anderen Grund bald erfolgen: Der Gesetzesakt, in dem auch die Huawei-Frage geklärt werden soll, soll eigentlich in den kommenden Wochen durchs Kabinett gehen – das NIS2-Umsetzungs-und-Cybersicherheitsstärkungs-Gesetz (NIS2UmsuCG). Dieses Vorhaben ist bereits jetzt massiv verspätet – nicht zuletzt aufgrund der Huawei-Frage.

(mack)