Mit Anti-Terror-Befugnissen gegen Umweltschützer

Die britische Polizei will mit hartem Durchgreifen unter Nutzung der Möglichkeiten zur Terrorismusbekämpfung verhindern, dass Proteste von Klimaschützern am Flughafen Heathrow außer Kontrolle geraten.

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Die britische Polizei will mit hartem Durchgreifen unter Anwendung der Möglichkeiten der Terrorismusbekämpfung verhindern, dass Proteste von Klimaschützern am Londoner Flughafen Heathrow außer Kontrolle geraten. Laut einer Notiz von Scotland Yard, die der britischen Tageszeitung The Guardian zugespielt wurde, sollen Demonstranten beim Verlassen des Pfads gesetzesmäßiger Proteste "robust unter Anwendung von Terrorismus-Ermächtigungen behandelt werden". Der Einsatz entsprechender Mittel sei erforderlich, "da die große Anzahl an Demonstranten am oder in der Nähe des Flughafens unsere Fähigkeiten einschränkt, präventiv terroristischen Handlungen entgegenzuwirken".

Stein des Anstoßes: Seit Sonntagnachmittag halten sich rund 200 Klimaschützer in der Nähe des Flughafens auf. Sie planen über eine Woche lang im Rahmen des Camp for Climate Action 2007 friedliche Proteste gegen das "Herz der britischen Luftfahrtindustrie" und den geplanten Bau einer dritten Startbahn. Dabei hoffen sie auf die Unterstützung weiterer Gleichgesinnter und rechnen mit insgesamt 2000 Teilnehmern an den Aktionen. Es gebe "keine schlimmere Quelle von Treibhausgasen als Heathrow", behaupten die Organisatoren. Es sei "reiner Wahnsinn" der Luftfahrtindustrie, auf die Vergrößerung des Flughafens zu drängen.

In konservativen britischen Blättern wie dem Telegraph kursieren derweil Warnungen, dass die Demonstranten mit einer Reihe von Guerilla-Strategien den Flugverkehr beeinträchtigen wollen. "Anarchisten" hätten vor, sich etwa als normale Urlauber zu verkleiden und die Reisenden aufzumischen. Unter den angekündigten "kreativen Aktionen" über 24 Stunden hinweg am Sonntag, die als Höhepunkt des Protests angekündigt sind, vermutet der Telegraph auch Angriffe auf den Sicherheitszaun des Flughafengeländes oder gar das Hantieren mit Bombenattrappen. Auch die britische Polizei fürchtet, dass einzelne Demonstranten versuchen könnten, "ihre Botschaft mit kriminellen Mitteln zu transportieren". Eine Camp-Sprecherin betonte dagegen, dass die Proteste nicht gegen Passagiere gerichtet sein würden und keine Gewaltanwendung geplant sei.

Nichtsdestoweniger drohen die Strafverfolger laut einem Bericht des Senders ITN weiter mit dem Einsatz von Anti-Terrorbefugnissen. Der Terrorism Act 2000 gibt der britischen Polizei unter anderem die Möglichkeit, Fahrzeuge und Menschen jederzeit anzuhalten und zu durchsuchen, wenn nur der leiseste Verdacht bezüglich "Terrorismus" auftaucht. Personen dürfen auch dann inspiziert werden, wenn kein Anhaltspunkt für einen Verdacht besteht. Darüber hinaus dürfen Verdächtige bis zu 30 Tage ohne Angabe von Gründen festgehalten, Wohnungen durchsucht und Demonstranten ihrer Straßenkleidung nebst Schuhe oder Jacken entledigt werden. Eingesetzt werden sollen zur Absicherung des Flughafens rund 1800 Polizisten. Laut Guardian haben diese bereits am Sonn- und Montag Autos und die Mitbringsel von Protestlern durchsucht und die Camp-Bewohner fotografiert.

Heathrow-Chef Mark Bullock räumte unterdessen ein, dass über Klimaschutz natürlich geredet werden müsse. Aber bei der derzeitigen Terrorbedrohung sei es so schon schwierig genug, "den Flughafen zu sichern". Das Image von Heathrow könnte zugleich kaum schlechter sein. "Eine nationale Schande" nannte der Evening Standard vor kurzem das internationale Luftdrehkreuz im Südwesten der Metropole, der Economist beklagte die "Hölle von Heathrow'". Londons Bürgermeister Ken Livingstone und die britische Verkehrsministerin Ruth Kelly mahnten Verbesserungen an. Die Flughafenverwaltung BAA verweist als Antwort auf eine rosigere Zukunft und baut zunächst auf die Eröffnung eines fünften Abfertigungsterminals im kommenden Frühjahr.

Siehe dazu in Telepolis:

(Stefan Krempl) / (vbr)