Mit Handy-Störsendern gegen illegale Geschäfte im Knast

Bei Gefangenen werden immer häufiger Handys gefunden, obwohl diese im Knast nicht erlaubt sind. Gegen diese Machenschaften beschloss der Bundesrat einen Entwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes.

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Von
  • Tatjana Bojic
  • dpa

Monatelang machte der wegen Drogenhandels verurteilte Axel T. hinter Gittern gemeinsame Sache mit einem Vollzugsbeamten: Mittels eines Handys, das der Beamte in die Zelle des 34-Jährigen geschmuggelt hatte, dirigierte der Gefangene 2004 seine kriminellen Geschäfte aus einem Gefängnis im Südwesten. Mit dem Handy wies er seine Helfershelfer draußen ein, an welcher Stelle die Drogen zu deponieren sind. Der Vollzugsbeamte schaffte die Drogen dann heimlich ins Gefängnis. Die Sache flog auf, der Beamte wurde verurteilt und aus dem Dienst entlassen. Dieser Vorfall aus Baden-Württemberg verdeutlicht ein zunehmendes Problem der Bundesländer: Bei Gefangenen werden immer häufiger Handys gefunden, obwohl diese im Knast nicht erlaubt sind.

Diesen Machenschaften soll nun auf Initiative von Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) ein Riegel vorgeschoben werden: Nach einem Beschluss des Bundesrats (PDF-Datei) sollen mit einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes Handy-Gespräche in Gefängnissen mit Störsendern verhindert werden. Ansonsten sind Mobilfunkblocker in Deutschland nicht erlaubt.

Kritiker bemängeln, dass der Störstrahl nicht an der Gefängnismauer endet: So könnte die Funkversorgung auch in der Umgebung lahm gelegt und die Absetzung von Notrufen behindert werden. "Der Eingriff lässt sich technisch nicht auf einen eng umgrenzten räumlichen Bereich beschränken", sagt der Rechtsexperte des IT-Branchenverbandes Bitkom (Berlin), Volker Kitz. Einzelne Firmen bieten aber auch Handy-Detektoren in Verbindung mit Störsendern geringer Leistung an, die nur aktiv werden, wenn ein sendendes Handy erkannt wird; die EFE GmbH beispielsweise kritisiert deshalb die Stellungnahmen des Bitkom: Einige Darstellungen entsprächen nicht dem technischen Stand und widersprächen den Interessen der Justizvollzugsbehörden. Zudem arbeitet etwa der TETRA-Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in anderen Frequenzen als die öffentlichen Handy-Netze im Mobilfunk – die Kommunikation der Beamten bliebe damit ungestört; bislang jedoch ist die TETRA-Einführung noch einige Zeit entfernt.

Einige Gefangene planten nach Angaben von Goll in der Vergangenheit per Handy hinter den Gefängnismauern sogar ihre Flucht. Andere kontrollieren damit in der Zelle eifersüchtig jeden Schritt der Freundin in Freiheit. Entsprechend begehrt ist der mobile "heiße Draht" nach draußen bei vielen Gefangenen. Die Geräte werden oft auf abenteurlichen Wegen an den Kontrollen vorbei in die Zellen geschmuggelt. In den Justizvollzugsanstalten ist der Betrieb von Handys jetzt schon grundsätzlich – auch den Bediensteten – verboten. "Leider lässt sich aber nicht zuverlässig verhindern, dass Handys immer wieder in die Anstalten geschmuggelt werden", sagte Goll. Die Mobiltelefone würden immer kleiner und passten beispielsweise auch in Körperöffnungen. Dort seien sie kaum zu entdecken, da die Kontrollmöglichkeiten bei Besuchern beschränkt seien.

"Allerdings zählen wir eins und eins zusammen und wissen recht genau, dass hier eine Schwachstelle liegt", sagte ein Sprecher auf Anfrage weiter. So wurden 2003 in Baden-Württemberg in den 18 Anstalten 26 Handys gefunden, 2004 waren es 118, im vergangenen Jahr 96. Seit Anfang des Jahres wurden 46 landesweit gefunden. "Im Vollzug haben Handys nichts zu suchen. Sie sind dort eine erhebliche Gefahr für Sicherheit und Ordnung", betonte Goll. Außerdem bestehe die Gefahr von Verdunklungshandlungen, wenn Untersuchungsgefangene unüberwacht telefonieren.

Auch der Leiter des Gefängnisses Heilbronn, Ulrich Schlicher, bezeichnet die Handys im Knast als zunehmendes Problem. "Besucher bringen es im Intimbereich mit. Nur bei konkretem Verdacht kann man untersuchen." Sorgen machten auch so genannte Mauerwürfe. So komme es vor, dass sich jemand auf den Parkplatz vor das Gefängnis schleicht und ein Päckchen mit einem Handy in den Innenhof des Gefängnisses wirft.

Bisher habe man in Baden-Württemberg versucht, unerlaubt in die Anstalt eingebrachte Mobiltelefone durch spezielle Handysuchgeräte aufzuspüren. Der Nachteil sei jedoch, dass die Geräte nur dann anschlagen, wenn mit dem gesuchten Handy gerade telefoniert werde. Auch der Versand einer SMS werde nicht erfasst. "Die Trefferquote ist hier gering. Um das Problem endgültig in den Griff zu bekommen, halte ich deshalb den Einsatz von Handystörsendern für das einzig effektive Mittel", erklärte Goll. Wo kein Empfang mehr möglich ist, verliere das Handy seinen Nutzen. (Tatjana Bojic, dpa) / (jk)