Mobiles Stadtportal für Heidelberg geht in den Pilotbetrieb

Als Stadtportal, das sich per WLAN auf mobilen Endgeräten nutzen lässt, ging Heidelberg mobil in den Pilotbetrieb. Während des Tests ist die Nutzung inklusive WLAN noch kostenlos. Ab Frühjahr 2007 müssen die Benutzer bezahlen.

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Von
  • Pia Grund-Ludwig

Als erstes Stadtportal, das sich per WLAN auf mobilen Endgeräten nutzen lässt, ging Heidelberg mobil am heutigen Dienstag in den Pilotbetrieb. Entwickelt wurde es vom European Media Laboratory (EML). Die Betreibergesellschaft ist Heidelberg mobil, eine Tochter der EML und des lokalen WLAN-Anbieters  MEG. "Touristen, Geschäftsleute, Studenten und Einwohner sind die Zielgruppen", erklärte Thomas Reinhart von Heidelberg mobil. Im Testbetrieb ist die Nutzung inklusive WLAN noch kostenlos. Ab Frühjahr 2007 müssen die Benutzer bezahlen. "Wir denken dabei über unterschiedliche Modelle nach. Denkbar sind beispielsweise Flatrates für einzelne Tage für Touristen oder Monatsabos für Menschen, die dauerhaft in Heidelberg wohnen", meinte Reinhart.

Bis dahin soll auch ein geeignetes Geschäftsmodell gefunden und Partner gewonnen werden, die weitere Inhalte zur Verfügung stellen. Bislang findet man im Informationsangebot einen Stadtplan für die Kernstadt, Hinweise auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sowie Veranstaltungshinweise. Dabei haben die Betreiber viel Arbeit in Details gesteckt, um die Displays der Endgeräte zu entlasten. So gibt es unterschiedliche Versionen von Stadtplänen: Einer ist für die touristischen Anwendungen gedacht und zeigt die Sehenswürdigkeiten; in einer anderen Fassung ist der städtische Nahverkehr eingezeichnet. Beide Pläne lassen sich aber bei Bedarf kombinieren. Außerdem ist ein audiovisueller Stadtführer integriert, der von der Weimarer Itour City Guide entwickelt worden ist. Bis zum kommerziellen Betrieb sollen weitere Stadteile, Geschäfte und andere lokale Partner gewonnen werden.

Wer das System jetzt ausprobieren will, kann sich beispielsweise über den Heidelberger Weihnachtsmarkt lotsen lassen. Dazu wurden die Angebote der einzelnen Buden erfasst. Wer in der Fußgängerzone steht und eingibt, dass er ein Kinderkarussell sucht, der bekommt die Treffer angezeigt. Je nach Gerät sieht er zusätzlich eine Karte oder kann ansonsten zur Kartenansicht wechseln. Möglich sind aber auch Fragen nach der nächsten Pizzeria oder dem Kinoprogramm, wenn man vom Weihnachtstrubel genug hat. Diese unterschiedliche Anzeige je nach Leistungsfähigkeit des Displays erfolgt automatisch.

Die Informationen der Inhalteanbieter sind auf einem Server der EML abgelegt und werden dort in einer Datenbank vorgehalten. Aufgenommen werden kann alles, was in HTML vorliegt. Zusatzapplikationen auf dem Handy sind nicht notwendig. "Jeder, der die Möglichkeit hat, sich per Handy oder PDA in ein WLAN einzuwählen, kann die Services ohne Zusatzaufwand nutzen", betont Entwickler Matthias Jöst. Die Vorteile aus seiner Sicht: "Die Daten sind aktueller als gedruckte Informationen, und man kann sie einfach unterwegs abrufen, dort, wo man sie gerade braucht." Die Betreiber nutzen die WLAN-Funkzellen zur Lokalisierung der Benutzer. Für Touristen eröffnet dies die Möglichkeit, sich die Informationen zu den Stellen anzeigen zu lassen, an denen sie sich gerade befinden.

Nils Kroesen von der Heidelberger Kongress- und Tourismus GmbH will das auch für Geschäftsleute vermarkten. "Die haben die Möglichkeit, nach einem Termin einen Rundgang durch die Stadt mit der Itour zu machen und können kompakt die verfügbare Zeit nutzen." Denkbar sei künftig auch, erklärt EML-Forschungschef Siegfried Kunzmann, dass man gruppenbezogene Dienste anbietet. So könnten Jugendliche sich damit verabreden und auf ihrem Gerät den Standort des jeweils anderen erkennen.

Nach dem Abschluss des Pilotprojekts will die EML ihr Know-how auch an andere Kommunen verkaufen. "In vielen Städten gibt es Fragmente, die für eine solche Anwendung notwendig sind wie die digitale Aufbereitung historischer Dokumente oder die Möglichkeit der Online-Buchung. Unser Vorteil ist die Plattform, die wir gemeinsam mit der MEG entwickelt haben", meint EML-Chef Professor Andreas Reuter. Doch auch an der Heidelberger Plattform ist noch einiges zu feilen. So gibt es einige Brüche: Man kann derzeit zwar fragen, was in den Theatern der Neckarstadt gezeigt wird, aber keine Karten online bestellen. Auch die Inhalte der lokalen Tageszeitung sind noch nicht mit einbezogen. Ticketing soll aber auf jeden Fall bis zum Start des kommerziellen Betriebs im Frühjahr 2007 realisiert werden. Auf der mittelfristigen Agenda steht zudem die Sprachein- und -ausgabe. Handicaps sind aber zum einen die schlechte Signalqualität bei einer solchen Anwendung durch einen hohen Geräuschpegel in der Umgebung, zum anderen reicht die Fehlertoleranz der Systeme für völlig offene Anwendungen noch nicht aus. (Pia Grund-Ludwig) / (jk)