Mobilfunk- und IT-Industrie kooperieren bei Patenten

Größen aus beiden Branchen haben eine Art Clearinghaus eingerichtet, das gewerbliche Schutzrechte der teilnehmenden Konzerne auf ihre Verwendbarkeit in neuen Standards für die Funkwelt hin prüft.

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Größen aus der Mobilfunk- und IT-Industrie wie Intel, Ericsson, Motorola, Nokia and Qualcomm wollen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes stärker zusammenarbeiten. Sie haben dazu laut einem Bericht des Fachdienstes Intellectual Property Watch eine Art Clearinghaus eingerichtet, das Patente der kooperierenden Konzerne auf ihre Verwendbarkeit in neuen Standards für die Funkwelt hin prüft. Dabei soll vor allem herausgefiltert werden, welche der zeitlich befristeten Monopolansprüche essenziell für künftige Industrienormen sind. Über diese Frage gibt es im Moment nach einem Standardisierungsprozess immer wieder großen Ärger, weil zahlreiche Firmen plötzlich ihre Patentansprüche betroffen sehen und an einer Lizenzierung möglichst viel verdienen wollen.

Konkret geht es zunächst um den Breitband-Funkstandard Wimax. Motorola hat bereits bekannt gegeben, eine Reihe eigener Patente an die New Yorker Anwaltskanzlei Proskauer Rose übermittelt zu haben, die als unabhängige Prüfstelle fungieren soll. Die Firma verwaltet bereits einen Patent-Pool für die MPEG LA, die gemeinsame Patentlizenzen für verschiedene Multimedia-Standards etwa im DVD-Bereich herausgibt. Derlei Patentzusammenschlüsse hat sich die neue Vereinigung der Mobilfunker und Chiphersteller als Vorbild genommen, erläutert Jonathan Meyer, der für Fragen des geistigen Eigentums bei Motorola zuständig ist.

Den kollektiven Lizenzansatz eines Patent-Pools wollen die beim drahtlosen Netz zusammenarbeitenden Konzerne aber nicht gehen. Es sei zwar wichtig, dass eine neutrale Stelle über den Wert von Patentansprüchen bei einem Standardisierungsprozess entscheidet, meint Meyer. Aber eine gleichwertige Aufteilung der erhofften Lizenzeinnahmen, die bei MPEG LA beispielsweise für jeden verkauften DVD-Player 2,50 US-Dollar betragen, gehe den Beteiligten zu weit. Vielmehr wollen die Wimax-Firmen die mögliche Verwertbarkeit ihrer gewerblichen Schutzrechte nicht von vornherein pauschal eingeschränkt wissen. Zudem gilt die EU-Kommission als skeptischer Beobachter von Patentzusammenschlüssen, weil sie diese eher als Behinderung des Wettbewerbs einschätzt. Dies machte die Brüsseler Behörde etwa im vergangenen Jahr gegenüber dem European Telecommunications Standards Institute (ETSI) deutlich, als auf der Ebene des Standardisierungsgremiums über eine pauschale Lizenzierungssumme für die potenzielle UMTS-Nachfolgetechnik LTE (Long Term Evolution) diskutiert wurde.

Akteure im wettbewerbsstarken Telekommunikationsmarkt sehen aber auch die getroffene Vereinbarung zur Offenlegung von Patentansprüchen während des Standardisierungsprozesses als Schritt in die richtige Richtung. Für sie sind die Kosten für den Aufbau von Infrastrukturen in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, weil immer mehr Strippenzieher und Netzwerkbauer Rechte an verwendeten Technologiestandards und damit verknüpfte Vergütungszahlungen beanspruchen. Viele Netzwerkbetreiber beklagen bereits, dass die entsprechende Gebührenspirale außer Kontrolle geraten sei. Es hätte sie überrascht, wie teuer der Aufkauf der Patentrechte für die dritte Funknetzgeneration gewesen wäre.

Auch das Transparenzmodell der Breitbandfunker ist aber noch nicht ganz wasserdicht. So ist bislang Samsung als einer der größten Wimax-Patenthalter nicht Teil der Kooperation. Noch nicht geeinigt haben sich die Partner zudem darauf, ob die Entscheidungen der Clearingstelle wirklich bindend und Klagen gegen andere Teilnehmer ausgeschlossen sein sollen. Hierzulande gab es jüngst eine heftige Diskussion über die Lizenzmodelle gewerblicher Schutzrechte rund um "offene Standards", die der Bundestag prinzipiell fördern will. Für eine Definition, die dabei eine kostenlose Nutzung von Patentrechten vorgesehen hätte, konnte sich die große Koalition aufgrund Bedenken der Union nicht entschließen.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)