Morpheus: Zurück aus der Unterwelt

Schneller als erwartet hat StreamCast/MusicCity seine Tauschbörse Morpheus von FastTrack- auf Gnutella-Technologie umgestellt.

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Von
  • Volker Zota

Schneller als erwartet meldet sich StreamCast/MusicCity mit seiner Tauschbörse Morpheus wieder zurück. Innerhalb nicht einmal einer Woche hat das Unternehmen seinen Filesharing-Dienst von FastTrack- auf Gnutella-Technologie umgestellt.

In der vergangenen Woche war Morpheus aus dem FastTrack-Netzwerk ausgeschlossen worden: Ging man zunächst davon aus, dass es den Morpheus-Clients aufgrund einer Veränderung im FastTrack-Protokoll nicht mehr möglich war mit dem Netzwerk Verbindung aufzunehmen, schildert StreamCast-Chef Steve Griffin das Problem in anderem Licht. Demnach sei Morpheus gleich zwei massiven Angriffen ausgesetzt gewesen: Eine massive Denial-of-Service-Attacke habe anfang der Woche die MusicCity-Website in die Knie gezwungen. Parallel dazu hätten Unbekannte verschlüsselte Meldungen an die Morpheus-Clients geschickt, die dazu geführt hätten, dass sich die Clients selbstständig deaktivierten, in der Annahme sie seien veraltet.

Der StreamCast-Chef sieht darin einen Angriff auf die Existenz seiner Firma und hat Ermittlungen zur Aufklärung der Angriffe eingeleitet. Den Schuldigen hat er indes schon ausgemacht. Griffin macht die Betreiber des Morpheus-Mitbewerbers KaZaA für die Misere verantwortlich, der erst kürzlich an das australische Unternehmen Sharman verkauft wurde. Er gehe davon aus, KaZaA könne auf alle Computer im FastTrack zugreifen und Registry-Einstellungen ändern. Es bleibt abzuwarten, in wie weit sich diese Vermutungen bestätigen oder lediglich dazu dienen sollen, seinem größten Konkurrenten im Filesharing-Business die Anwender abspenstig zu machen.

Die nun erschienene Morpheus-Version 1.3.1.1 hat nichts mehr dem Vorgänger zu tun: Die so genannte "Morpheus Preview Edition" kommt als Gnutella-Client daher und nutzt Teile des unter GNU Public License entwickelten Gnucleus. StreamCast hat lediglich einen Online-Shop und Werbebanner integriert. Zwar ermöglicht Morpheus/Gnucleus ebenso wie die alte Morpheus-Version, Fragmente derselben Datei von mehreren Tauschpartnern gleichzeitig herunterzuladen, auf viele "Annehmlichkeiten" müssen die User indes verzichten.

So gibt die "Preview Edition" keine Zusatzinformationen wie Auflösung oder Bitrate mehr preis. Auch die Suchfunktion ist längst nicht mehr so komfortabel wie zuvor. Bei StreamCast ist man sich der Unzulänglichkeiten der neuen Version offenbar bewusst: Steve Griffin betont eigens, dass es sich bei der gegenwärtigen Fassung lediglich um eine Preview handelt und bat die Anwender um Geduld, falls noch nicht alles wieder so funktioniere wie zuvor. "Immer wenn es Veränderungen gibt, tendieren viele dazu diese abzulehnen und zu glauben, früher war alles besser", so Griffin.

Als wäre die vergangene Woche nicht schon schlecht genug für StreamCast/Morpheus gelaufen, muss sich die Tauschbörse am kommenden Montag noch in Log Angeles vor Gericht gegen die Anschuldigungen von Film- und Musikbranche behaupten. Diese beschuldigen StreamCast Networks, wie zuvor schon Napster, der Förderung von Urheberrechtsverletzungen.

Fred von Lohmann, Anwalt der Electronic Frontier Foundation, unterstützt Morpheus. Er vergleicht den Filesharing-Dienst mit einem Videorecorder. Dieser könne ebenfalls urheberrechtlich geschütztes Material aufzeichnen, stehe aber nicht im Visier der Filmbranche. Gegenüber den Mercury News erwiderte Mark Litvack von der Motion Pictures Association den Ausführungen, man klage nicht gegen die Technologien an sich, sondern gegen die auf Raubkopien aufbauenden Geschäftsmodelle.

Auch mit dem Client im neuen Gewande dürfte StreamCast Networks -- in bester Gesellschaft von Napster -- einer wenig rosigen Zukunft vor Gericht entgegen sehen. Einen Unterschied gibt es indes: Während es relativ einfach war, die Napster-Server herunterzufahren, ist dies im Falle des weltumspannenden Gnutella-Netzes nicht mehr möglich.

Siehe auch Telepolis: Die große KaZaA-Verschwörung. (vza)