Münchner Stadtrat segnet Konzept zur Linux-Migration ab

Die bayerische Landeshauptstadt will plangemäß bis 2008 ihre gesamte Computerlandschaft für 16.000 Mitarbeiter auf Open Source umstellen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 718 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Das 30 Millionen Euro teure Projekt LiMux kann starten: Der Stadtrat München hat am heutigen Mittwoch den Stufenplan zur Umstellung der gesamten Computerlandschaft für die rund 16.000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung offiziell verabschiedet. Für die Linux-Migration stimmten die im Rathaus regierende rot-grüne Koalition gemeinsam mit Vertretern von FDP, ÖDP und der PDS. Die in Bayern allein regierende CSU votierte gegen den Einzug des Pinguins in die Amtsstuben. Konservative Politiker äußerten Bedenken, dass die "Feierabendprogrammierer" aus der Open-Source-Ecke die IT-Wirtschaft Münchens zerstören würden. Sie fürchteten auch Risiken für die Beschäftigten, die nun vor allem den Umgang mit einer neuen Textverarbeitung erlernen müssen.

Mit LiMux steht die Migration von rund 13.000 Desktop-Rechnern und den dazugehörigen Servern an. Zunächst wollen die Projektverantwortlichen im Rathaus im Rahmen von Ausschreibungsverfahren konkrete Open-Source-Produkte auswählen. Dabei sollen nicht nur IBM und die Novell-Tochter Suse zum Zuge kommen, auch wenn das ursprüngliche LiMux-Design von den beiden Größen im Linux-Markt kommt. Eines der hauptsächlichen Ziele der Migration ist es aber, Jobs direkt in der Münchner IT-Wirtschaft zu schaffen und einen wettbewerbsfähigen Markt zu erhalten. "Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht den einen Monopolisten loswerden wollen indem wir uns dem nächsten globalen Riesen verschreiben", erklärte der grüne Stadtrat Jens Mühlhaus bereits vorab unter Anspielung auf Microsoft und Big Blue. Er will die kleinen und mittelständischen IT-Firmen in und um München vor allem bei den benötigten Fachanwendungen und Speziallösungen ins Spiel bringen. Gegenüber heise online bedauerte Mühlhaus die Entscheidung der CSU, die noch immer nicht verstanden habe, dass bei freier Software Geld hauptsächlich mit Dienstleistungen gemacht werde.

Im Einzelnen soll die Migration in drei Schritten erfolgen: Zunächst werden in diesem Jahr alle Rechner in der Verwaltung, die bislang noch auf Windows NT laufen, mit Open Office und Mozilla als Browser ausgerüstet. "Vorab steht die Umwandlung der rund 7000 Office-Makros für Formulare wie Urlaubsanträge oder Reisekostenabrechnungen an, die damit endlich zentralisiert werden können", freut sich Mühlhaus. 2005 und 2006 geht es dann an die Migration sämtlicher Büro-PCs hin zum neuen Betriebssystem Linux, die letztendlich komplett mit freier Software arbeiten sollen. Bis 2008 steht dann die schwierige Anpassung der Fachanwendungen an, für die laut Mühlhaus Kreativität und eine gute Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und Open-Source-Entwicklern erforderlich ist. Das dabei entwickelte Know-how dürfte aber international gefragt sein und sich "auch exportierten und verkaufen lassen", ist sich Mühlhaus sicher.

Die Migrationsmotivation sei nicht nur aus diesem Grund bei den betroffenen Mitarbeitern inzwischen wieder gestiegen, weiß der grüne Stadtrat zu berichten. Im Januar waren aus einzelnen Rathausabteilungen warnende Stimmen zu hören gewesen, dass die Probleme mit der Umstellung den Münchnern über den Kopf wachsen könnten. "Inzwischen haben wir die volle Unterstützung für LiMux", stellt Mühlhaus klar. Alle Beteiligten würden das Projekt als machbar und sinnvoll ansehen. Einen Wermutstropfen hat der Fahrplan für den Grünen noch: Die Münchner Schulen sollen erst in zwei Jahren auf Linux umgerüstet werden, sodass die Auszubildenden bis dahin noch mit der Windows-Welt aufwachsen. Microsoft biete für den Bildungssektor "sehr billige Lizenzen an". Da falle es schwer, den politischen Willen zur raschen Migration zu bündeln. (Stefan Krempl) / (jk)