Musikindustrie lässt bei StayTuned.de nicht locker [Update]

Seit Jahren streitet sich die Musikindustrie mit der Stuttgarter Firma Impressions Future Media über die Musik-Plattform StayTuned.de. Jetzt ist ein neues Urteil des Landgerichts Hamburg bekannt geworden.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der Interessenvertretung der deutschen Musikindustrie (Deutsche Phonoverbände, IFPI) ist die Stuttgarter Firma Impressions Future Media ein Dorn im Auge. Das Unternehmen betreibt seit geraumer Zeit die Musik-Plattform StayTuned.de, bei der Nutzer gegen Gebühr Musiktitel auswählen und abspielen können. Registrierten Kunden, die zwischen 5,95 Euro (Jahres-Abo) und 9,95 Euro (monatliche Zahlung) pro Monat entrichten, wird zudem eine Auswahl genretypischer Radiochannels – von Techno über Heavy Metal bis hin zu Jazz und Klassik – sowie die Möglichkeit geboten, Downloads "auszuleihen", sprich DRM-geschützte Dateien im WMA-Format per Streaming zu überspielen und für eine bestimmte Zeit auf dem PC oder einem MP3-Player zu nutzen. Auch das Einrichten eigener Play- und Favoritenlisten ist nach der Installation der benötigten Software möglich. Das Übertragen heruntergeladener Titel auf einen anderen PC oder das Brennen auf CD wird nicht unterstützt.

Für das Angebot hat Impressions Future Media nach Angaben von Geschäftsführer Denny Riedl mehrere Lizenzverträge mit der GEMA geschlossen. StayTuned sei danach für das "Senden von Musikwerken in Live- und Musikprogrammen im Internet nach § 20 UrhG", für "Individuelles Senden von individuellen Musikwerken im Internet nach § 20 und 19a UrhG" sowie für das "Verleihen/Vermieten von Musikwerken im Internet nach § 27 und 44a UrhG" lizenziert. Die IFPI macht hingegen geltend, dass das Angebot (zumindest was Titel ihrer Mitgliedsfirmen angeht) in weiten Teilen illegal sei – und hält den Druck aufrecht: In einer am heutigen Donnerstag verbreiteten Mitteilung der IFPI heißt es, das Landgericht Hamburg habe StayTuned "vorsätzliche Urheberrechtsverletzung" bescheinigt und erneut bestätigt, dass das Music-On-Demand-Angebot von StayTuned im Internet nicht mit Radiosendern vergleichbar und deshalb ohne den Erwerb der erforderlichen Lizenzen illegal sei.

In dem heise online vorliegenden Urteil bestätigt das Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung vom 7. Dezember 2006, in der den StayTuned-Betreibern untersagt wird, weiterhin bestimmte Musikaufnahmen für ihren On-Demand-Dienst zu nutzen. StayTuned habe nicht darlegen können, wann und wie genau Rechte zur Nutzung der Musikaufnahmen als On-Demand-Angebot eingeräumt worden seien, heißt es in der Entscheidungsbegründung. StayTuned könne sich "nicht darauf berufen, dass nach erfolgter erster öffentlicher Wiedergabe einer Aufnahme mit Zustimmung des Berechtigten jedermann diese Aufnahme öffentlich wiedergeben könne und beim Berechtigten dafür nur ein Vergütungsanspruch entstünde". Diese Auffassung beruhe auf einem falschen Verständnis des Paragrafen 86 UrhG, der ein Rechtsverhältnis zwischen Tonträgerherstellern und ausübenden Künstlern regele und aus dem sich "kein Nutzungsrecht eines Dritten hinsichtlich der öffentlichen Wiedergabe von Tonaufnahmen aufgrund einer Art Erschöpfung oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonaufnahme ableiten lässt".

Zwar hat StayTuned-Chef Riedl eigenen Angaben zufolge bereits vor Jahren eine Vereinbarung mit der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) ausgehandelt, die die sogenannten Zweitverwertungsrechte von Künstlern und Tonträgerherstellern wahr nimmt, doch sei dieser "experimentelle Vertrag nicht rechtmäßig gekündigt" worden. "Wir bekriegen uns jetzt seit 2004", erläutert Riedl im Gespräch mit heise online. "Die GVL muss uns Rechte einräumen." In seinen "Leih-Downloads", die der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Phonoverbände, Michael Haentjes, als "Erfindung von StayTuned" und "absoluten Quatsch" bezeichnet, sieht Riedl keinen großen Unterschied zu den Angeboten der Konkurrenten Napster oder Jamba, die ihren Kunden ebenfalls "temporäre" Musikdateien zur Verfügung stellen: Läuft das Abo aus, werden die Dateien – durch digitales Rechtemanagement geschützt – deaktiviert. Während Haentjes es als "Skandal" empfindet, dass StayTuned immer noch online ist, verweist Riedl auf seine Bilanz in den nächsthöheren Instanzen: "Bis jetzt wurden alle Bestrafungsanträge gegen uns vom Hanseatischen Oberlandesgericht wieder einkassiert."

[Update]

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) hat heise online am heutigen Dienstag folgende schriftliche Stellungnahme zukommen lassen: "Eine Klage der GEMA gegen Staytuned ist rechtshängig, weil die vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen für die Nutzung der von der GEMA wahrgenommenen Urheberrechte nicht eingehalten wurden und insofern derzeit nicht von einer ordnungsgemäßen Lizenzierung ausgegangen werden kann. Es liegen derzeit keine Lizenzverträge zwischen der GEMA und Herrn Danny Riedl vor." (pmz)