NSA: Umstrittene US-Vorratsdatenspeicherung offenbar eingestellt und vor dem Aus

Die NSA hat ein umstrittenes Programm zur Überwachung von US-Telefonaten wohl seit Monaten nicht genutzt. Mit dessen Enthüllung hatte der NSA-Skandal begonnen.

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NSA-Skandal: Umstrittene US-Vorratsdatenspeicherung offenbar vor dem Aus

Die Enthüllung, dass die NSA US-Telefonate überwacht, sorgte in den Vereinigten Staaten für mehr Diskussionen, als die anderen Enthüllungen Edward Snowdens.

(Bild: relexahotels)

Lesezeit: 3 Min.

Die NSA hat offenbar jenes umstrittene Überwachungsprogramm eingestellt, mit dessen Enthüllung Edward Snowden 2013 den NSA-Skandal eingeleitet hatte. Das hat ein Berater der Republikaner am Wochenende in einem Interview enthüllt, berichtet die New York Times. Seit Monaten sei das System nicht mehr genutzt worden und es sei möglich, dass die US-Regierung den US-Kongress Ende des Jahres nicht um die fällige Verlängerung der rechtlichen Grundlage bitten werde, erklärte Luke Murry, der den Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus in Fragen der nationalen Sicherheit berät.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Bei dem Überwachungsprogramm handelt es sich um die massenhafte Sammlung von Metadaten zu Telefonanrufen, die lange Zeit im Dreimonatsrhythmus direkt von den US-Providern an die National Security Agency ging. Auf Basis der von Edward Snowden gelieferten Dokumente war dieses Programm Anfang Juni 2013 öffentlich geworden. Es war die erste Veröffentlichung im Rahmen des NSA-Skandals. 2015 war das Programm dahingehend eingeschränkt worden, dass der Geheimdienst nur noch auf Anfrage die Daten zu einzelnen Telefonnummern erhalten sollte. Die Datenbanken verblieben also bei den Providern.

Vergangenen Sommer hatte die NSA dann "technische Irregularitäten" bei dem neu geregelten Überwachungsprogramm eingestanden. Im Rahmen dieser Vorratsdatenspeicherung waren Informationen über Telefonate zur NSA gelangt, die diese nicht hätte besitzen dürfen. Deswegen seien massenhaft Daten gelöscht worden. Offenbar wurden diese Schwierigkeiten aber nicht wirklich behoben, denn die Aussagen von Murry legen nahe, dass das Programm seitdem nicht mehr genutzt wurde. Sollte sie nicht erneuert werden, läuft ihre rechtliche Grundlage Ende des Jahres aus.

Vertreter des Geheimdiensts haben die Aussage gegenüber der New York Times nicht kommentiert, aber Bürgerrechtler geben sich überrascht. Wenn das Programm seit Monaten nicht mehr aktiv sei, "ändere das die gesamte Debatte", meint Daniel Schuman von Demand Progress. Da der Himmel ja trotzdem nicht heruntergefallen sei, müsse die NSA nun argumentieren, warum sie das Programm überhaupt brauche, wenn sie doch für eine Verlängerung plädieren wolle. Schon vorher sei mithilfe dieser Vorratsdatenspeicherung kein Terroranschlag verhindert worden.

Naheliegend ist derweil der Gedanke, dass die NSA aus rechtlichen oder technischen Gründen zwar auf dieses spezielle Überwachungsprogramm verzichtet, aber nur, weil der Geheimdienst auf anderen Wegen leichter an die Daten kommt. Außerhalb der USA gesammelte Daten seien aber nicht so umfangreich wie jene, auf die die NSA wohl seit Monaten verzichtet, ordnet die US-Zeitung das ein. Mithilfe der Metainformationen zu Telefonaten wollen Geheimdienste wie die NSA herausfinden, welche Kontakte mutmaßliche Terroristen haben, um etwa Komplizen oder künftige Täter ausfindig zu machen. (mho)