Nach Kritik: Vizekanzler sagt Auftritt auf dem Web Summit ab

Nachdem Web-Summit-Gründer Paddy Cosgrave wegen seiner israelkritischen Bemerkungen zurückgetreten ist, sagt nun auch Habeck seinen Auftritt ab.​

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Windpark

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im März 2023 am Offshore-Windpark Kaskasi nördlich von Helgoland.

(Bild: BMWK)

Lesezeit: 3 Min.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat seinen für kommenden Dienstag geplanten Auftritt auf dem Web Summit in Lissabon abgesagt. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gegenüber heise online. Zuvor hatten zahlreiche israelische Wirtschaftsvertreter den Minister aufgefordert, seinen Auftritt abzusagen. Der Web Summit war nach israelkritischen Äußerungen von Gründer und CEO Paddy Cosgrave in die Kritik geraten.

Die geplante Reise von Habeck nach Portugal in der nächsten Woche werde nicht stattfinden, teilte das Ministerium mit. "Der Minister wird auch nicht am Web Summit teilnehmen", sagte die Sprecherin. "Dies wurde in der Gesamtschau, insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Ereignisse in Portugal, entschieden. Dabei hat auch die Diskussion über den Web Summit eine Rolle gespielt."

Cosgrave war vor zwei Wochen zurückgetreten, nachdem zahlreiche Unternehmen und prominente Teilnehmer wegen seiner kontroversen Bemerkungen über Israel ihren Auftritt auf der Tech-Konferenz abgesagt hatten. Nach dem Terror-Angriff der palästinensischen Hamas auf Zivilisten in Israel hatte Cosgrave die von anderen Regierungen demonstrierten Solidarität kritisiert und Israel Kriegsverbrechen unterstellt.

Trotz des Versuchs einer Entschuldigung von Cosgrave hatten sich große Aussteller und Sponsoren daraufhin vom Web Summit zurückgezogen, darunter Amazon, Alphabet (Google), Intel, Meta (Facebook) und Siemens. Auch Israel wird nicht teilnehmen. Zudem haben mehrere Prominente abgesagt, die auf der Veranstaltung sprechen sollten, darunter die Schauspieler Amy Poehler, Gillian Anderson, Joseph Gordon-Levitt und der Rapper LL Cool J.

Habeck sollte im Rahmen seiner Portugalreise am kommenden Dienstag einen Vortrag über "Deutschlands Weg in eine progressive Zukunft" halten. Die Bundesregierung hatte trotz der heftigen Kritik zunächst an dem Termin festgehalten. Bei der Absage jetzt hat auch eine Rolle gespielt, dass am Dienstag der portugiesische Ministerpräsident António Costa vor dem Hintergrund einer Korruptionsaffäre zurückgetreten ist.

Zuletzt hatten über 300 israelische Unternehmer den Bundeswirtschaftsminister in einem offenen Brief aufgerufen, seine Teilnahme der Tech-Konferenz in Portugal abzusagen. Unter Hinweis auf die viel beachtete Rede Habecks vom vergangenen Freitag schreiben die Tech-Unternehmen, dass eine "Teilnahme am Web Summit jedoch ein widersprüchliches Signal" aussende.

Der Web Summit gilt als eine der größten und erfolgreichsten Tech-Konferenzen der Welt. Die mehrtägige Konferenz zieht hochrangige Vertreter von Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft ebenso an wie kleine Unternehmen, Start-ups und Entwickler. Inzwischen hat die Konferenz einen Ableger in Rio de Janeiro, ein weiterer soll im kommenden Jahr erstmals in der katarischen Hauptstadt Doha stattfinden. Der Web Summit 2024 findet vom 13. bis 16. November statt.

(vbr)