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Nach Sturm des Capitol: Facebook und Instagram sperren Trump für 24 Stunden

Daniel AJ Sokolov
Donald Trump besteigt einen Hubschrauber

US-Präsident Donald Trump besteigt letzten Montag einen Hubschrauber, um zu einem Wahlkampfauftritt in Georgia zu fliegen.

(Bild: Weißes Haus/Tia Dufour (gemeinfrei))

Nach Twitter zieht auch Facebook Konsequenzen: Trump muss einen Tag Pause machen. Zudem verdeutlicht Facebook seine Hinweistexte.

Nach Twitter hat auch Facebook Donald Trump eine Auszeit verordnet. Für 24 Stunden darf er sich weder auf Facebook noch auf Instagram äußern. Hintergrund sind gewalttätige Ausschreitungen eines Mobs, der Dienstagnachmittag auf Aufforderung des US-Präsidenten vom Weißen Haus zum Capitol gezogen ist und dieses gestürmt hat.

Dabei sind zwei Frauen und zwei Männer ums Leben gekommen. 14 Polizisten wurden verletzt. Zwei nicht detonierte Rohrbomben konnten sichergestellt werden. Nach Stunden konnten Trump-Mitarbeiter ihren Chef dazu bewegen, ein zweiminütiges Video aufzuzeichnen und auf Twitter und Facebook zu posten.

Doch es diente nur vordergründig dazu, die Täter vom Ablassen von Gewalt aufzurufen. Trump nutzte die Gelegenheit, erneut Betrug bei der Präsidentschaftswahl zu unterstellen, die Demokrat Joe Biden einen deutlichen Sieg beschert hat – einen Erdrutschsieg, laut Trumps eigener Definition – und den Teilnehmern der Erstürmung seiner Liebe zu versichern.

Twitter und Facebook reagierten auf das Video über einige Stunden hinweg in Stufen. Zunächst stellte Twitter einen Warnhinweis auf die durch nichts bewiesene Betrugsbehauptung bei und schränkte die Weiterverbreitbarkeit des Videos ein, dann löschten Twitter und Facebook Trumps Video [1]. "Das ist eine Notsituation und wir ergreifen angemessene Notmaßnahmen, darunter das Löschen des Videos Präsident Trumps", twitterte Facebooks Integritätsmanager Guy Rosen, "Wir haben es entfernt, weil wir glauben, dass es mehr zur Gefahr von Gewalt beiträgt als sie zu reduzieren."

Schließlich sperrte Twitter Trumps [2] Zugang. Facebook folgt diesem Beispiel. Bei Twitter gilt das so lange, bis Trump drei bestimmte regelwidrige Tweets löscht, mindestens aber zwölf Stunden. Bei neuerlichem Verstoß gegen einschlägige Regeln droht eine Dauersperre. Bei Facebook gilt die Sperre für 24 Stunden. Beide Betreiber ergreifen weitere Maßnahmen gegen andere Unfriedensstifter.

Facebook löscht [3] demnach Postings mit Lob und Befürwortung der Erstürmung des Capitols, von Teilnehmern der Erstürmung aufgenommene Videos und Fotos, die die Ereignisse vor Ort unterstützen, Aufrufe, Waffen zu Orten in den Vereinigten Staaten zu bringen, Aufrufe zu Protesten, die die in der Hauptstadt verhängte Ausgangsbeschränkung verletzen würden, sowie Versuche, neue Gewalt in den kommenden Tagen zu organisieren.

Gleichzeitig werden mehr Gruppenverwalter dazu gezwungen, Beiträge in ihren Gruppen zu überprüfen und freizuschalten. Automatisch deaktiviert werden Kommentare in Gruppen mit hohen Raten an Hassrede oder Inhalten, die zu Gewalt aufrühren. Und Facebook reduziert die automatische Verbreitung von Inhalten, wenn Algorithmen diese Inhalte als wahrscheinlich regelwidrig einschätzen.

Als Teil seiner Sofortmanahmen verdeutlicht Facebook seine Warnhinweise bei bestimmten irreführenden Postings. "Joe Biden has been elected President with results that were certified by all 50 states", warnt Facebook fortan, "The US has laws, procedures, and established institutions to ensure the peaceful transfer of power after an election." ("Joe Biden ist zum US-Präsidenten gewählt worden mit Resultaten, die von allen 50 Staaten zertifiziert wurden. Die Vereinigten Staaten haben Gesetze, Verfahren und etablierte Einrichtungen, die eine friedliche Übergabe der Macht nach einer Wahl sicherstellen.")

Beide Kammern des US-Parlaments waren am Dienstag zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengetreten, um die Wahlmännerstimmen der US-Präsidentenwahl formell zu zählen. Ein Schar Republikanischer Senatoren und eine größere Gruppe Republikanischer Repräsentanten wollten die Gelegenheit dazu nutzen, ihre Unterstützung Trumps zu demonstrieren.

Entgegen der Empfehlung ihres Senats-Fraktionsführers aber mit Unterstützung ihres Unterhaus-Fraktionsführers wollten sie die Anerkennung von Wahlmännerstimmen mehrerer US-Staaten beeinspruchen, die für Joe Biden und Kamala Harris gestimmt haben. Nach einem solchen Einspruch von mindestens je einem Abgeordneten beider Kammern müssen die Kammern getrennt über den Einspruch diskutieren und abstimmen, bevor sie wieder zusammenkommen um gemeinsam die Stimmen zu bestätigen.

Der erste Einspruch betraf Arizona. Während der dadurch ausgelösten Diskussionen stürmten Trump-Anhänger das Capitol. Die Abgeordneten und Vizepräsident Mike Pence, der dem Senat vorsteht, mussten flüchten. Erst am Abend (Ortszeit) konnte das Parlament seine Arbeit fortsetzen, nachdem Sicherheitskräfte Dienstagabend das Capitol räumen konnten.

Im Senat hatten mehrere Republikanische Senatoren angesichts der Gewalt des Tages ihre Einstellung geändert, sodass sich nur noch sechs Stimmen gegen die formelle Anerkennung des Wahlergebnisses Arizonas fanden, bei 93 Für-Stimmen. Im Unterhaus stimmten jedoch immerhin 120 Republikaner dagegen. Das ist mehr als die Hälfte der 211 Republikanischen Repräsentanten.

Mit 294 Fürstimmen von Demokraten und Republikanern war die Entscheidung aber auch im Unterhaus eindeutig. Damit kann die Bestätigung des Wahlergebnisses nur gebremst aber nicht verhindert werden. Zur Stunde sieht es danach aus, dass mindestens das Ergebnis aus Pennsylvanien ebenfalls beeinsprucht wird. Die Diskussionen darüber dürften aber nicht mehr langatmig ausfallen. Für Einsprüche gegen die Ergebnisse Georgias, Michigans und Nevadas haben sich nach dem Sturm des Capitols keine Senatoren mehr gefunden.

(ds [4])


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[1] https://www.heise.de/news/Twitter-schraenkt-Verbreitung-von-Trump-Video-nach-Sturm-auf-Capitol-ein-5005663.html
[2] https://www.heise.de/news/Twitter-sperrt-Trump-5005702.html
[3] https://about.fb.com/news/2021/01/responding-to-the-violence-in-washington-dc/
[4] mailto:ds@heise.de