Nach öffentlicher Kritik wird das ENFOPOL-Paket zerpflückt

Wurde die Existenz der Arbeitsgruppe ENFOPOL noch bis vor wenigen Tagen vom Bundesinnenministerium bestritten, so wird inzwischen der ganze Vorgang nicht mehr komplett negiert, sondern heruntergespielt.

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Von
  • Florian Rötzer

Wurde die Existenz der Arbeitsgruppe ENFOPOL noch bis vor wenigen Tagen vom Bundesinnenministerium bestritten, so wird inzwischen der ganze Vorgang nicht mehr komplett negiert, sondern heruntergespielt und in einzelne Stücke zerpflückt.

Aufgrund der öffentlichen Kritik, die auch durch die von Freedom for Links und Telepolis organisierte Kampagne Stoppt ENFOPOL! gefördert wurde, ist es den Verantwortlichen nunmehr klar, daß sie ihre Pläne, wie sie noch im "ENFOPOL 98"-Papier skizziert wurden, politisch ad hoc nicht durchsetzen können.

Protestmails an den Bürgerbeauftragten wurden von diesem abgewiesen, weil dieses Thema nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle. Aus dem gleichfalls angeschriebenen Innenministerium kam die Meldung, daß man dort die Mail gar nicht erhalten habe, obgleich die Email-Adresse stimmt und keine Fehlermeldung auftrat.

Anstatt das komplette Paket in eine Ratsempfehlung zu gießen, wird es in einzelne, leicht verdauliche Papiere zerteilt und durch verschiedene Arbeitsgruppen und Gremien wieder hochgespielt. Dazu gehört die in "ENFOPOL 98 Rev 2" getroffene Einigung darüber, daß die Regeln, die derzeit für das Abhören von Telekommunikation gelten, auch auf die neue Kommunikationstechnologien wie Satelliten- und Internetkommunikation angewendet werden sollen. Die damit verbundenen rechtlichen und technischen Probleme werden in anderen Papieren behandelt. So wird beispielsweise die brisante Kryptofrage und die Frage des grenzüberschreitenden Abhörens auf ein bislang unbeobachtetes Nebengleis verschoben.

Aus einem internen Memorandum des britischen Innenministeriums vom 8. Februar geht diese Strategie eindeutig hervor. Darin heißt es: "Der Entschließungsentwurf wird separat vom Entwurf des gegenseitigen Rechtshilfeabkommens über die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Kooperation in Abhörangelegenheiten behandelt." Explizit weist das Memo darauf hin, daß die Entschließung keine "finanziellen Implikationen" in sich birgt. Nach der Aufregung um die deutsche Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) gilt es als erwiesen, daß jede Vorgabe, aufgrund derer Provider Abhöreinrichtungen auf eigene Kosten installieren müssen, auf den erbitterten Widerstand der Wirtschaft stoßen wird. Um dennoch ans Ziel kommen zu können, werden daher die einzelnen Regelungsbereiche strikt voneinander getrennt und zeitlich separiert.

Mehr von Christiane Schulzki-Haddouti in Telepolis: Inside ENFOPOL.

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