Napster-Prozess geht in die nächste Runde

Das Einigungsangebot von Napster stieß bei der Musikindustrie nicht gerade auf große Begeisterung; nun gehen die Verhandlungen vor Gericht weiter.

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Von
  • Jürgen Kuri

Am 2. März ist es soweit: Die nächste Runde im Prozess gegen Napster, den die US-Musikindustrie angestrengt hat, steht an. Napster und die klagenden Plattenlabels wollen über die endgültige Fassung der einstweiligen Verfügung gegen die Musiktauschbörse verhandeln. Die erste Instanz, die nun neu entscheiden muss, hatte anfangs eine Verfügung erlassen, nach der Napster seine Server hätte vom Netz nehmen müssen. Diese wurde vom Berufungsgericht erst kassiert; anschließend entschieden die Richter, dass die einstweilige Verfügung auf Grund von Verletzungen des Urheberrechts zwar grundsätzlich in Ordnung sei, aber über das Ziel hinausschoss: Napster müsse nicht komplett vom Netz, sondern dafür sorgen, dass keine Kopien mehr getauscht werden können, die das Urheberrecht verletzen.

Das Berufungsgericht beschloss daher, dass die einstweilige Verfügung in diesem Sinne geändert werden müsse. Wie sie nun genau aussehen soll, darüber setzen sich die streitenden Parteien wieder vor der ersten Instanz auseinander. Napster beantrage allerdings ein neues Hearing vor dem Berufungsgericht, da die Tauschbörse die einstweilige Verfügung grundsätzlich in Frage stellt: Durch sie werde die legale Nutzung des Dienstes in Mitleidenschaft gezogen, nur um illegale Nutzung zu verhindern. Napster geht sogar soweit, dies als Einschränkung der Redefreiheit zu bezeichnen, wie sie im ersten Zusatz zur US-Verfassung festgeschrieben sei. Dieser Antrag auf ein neues Hearing hat aber keinen direkten Einfluss auf die Neuverhandlung am 2. März. Das Vorgehen von Napster stellt eher eine Art "vorauseilender Berufung" gegen die einstweilige Verfügung dar, da deren zentraler Inhalt nach der Entscheidung der Berufungsrichter schon weitgehend klar ist. Fraglich dürfte lediglich sein, wie illegale Kopien zu identifizieren sind und welche Maßnahmen Napster im Detail gegen sie ergreifen muss. Sollte der zuständige Appeals Court kein erneutes Hearing zulassen, überlegt Napster jedoch, damit vor das oberste US-Bundesgericht, den Supreme Court, zu ziehen – eine endgültige Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen.

Zwar hatte Napster der Plattenindustrie ein Angebot in Höhe von einer Milliarde US-Dollar für den Fall einer Zusammenarbeit und der Beilegung der Rechtsstreitigkeiten unterbreitet, dies stieß jedoch nicht gerade auf große Begeisterung bei den Labels. "Es ist für jeden in der Branche offensichtlich, dass die Summe, die Napster angeboten hat, keinen Sinn macht in einer 40-Milliarden-Dollar-Industrie", teilte Sony Music Entertainment mit. Sony will inzwischen mit Vivendi Universal zusammen ein eigenes Angebot aufbauen, zu dem die beiden Konzerne ebenfalls die anderen Majors einluden.

Die Musikkonzerne EMI und Universal zeigten dagegen zumindest prinzipielles Interesse an einer Zusammenarbeit, äußerten aber Zweifel an dem von Napster vorgestellten Geschäftsmodell. "Wir sind an allem interessiert, das den Umsatz unserer Künstler und Aktionäre erhöht", sagte Jay Samit, Senior-Chef von EMI Recorded Music. "Doch etwas derartiges wurde uns nicht präsentiert." Nach Überzeugung von Universal Music hat Napster die Verpflichtung, ein Business-Modell zu entwickeln, das die Rechte der Künstler und Aktionäre berücksichtigt. "Nichts, was wir gehört haben, legt nahe, dass Napster in der Lage ist, diese Aufgabe zu erfüllen", sagte Universal-Sprecher Bob Bernstein.

Trotz allem zeigt sich Napster-Partner Bertelsmann optimistisch, die anderen Labels doch noch überzeugen zu können. Beide Seiten sollten einen "Waffenstillstand" schließen, meinte Andreas Schmidt, Chef der Bertelsmann eCommerce Group. "Ich denke, wir sind alle unter Zeitdruck, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden, und zwar im Interesse der Konsumenten." Ob Schmidts Wünsche schon beim Gerichtstermin Anfang März erfüllt werden, muss sich zeigen.

Eine Einigung über die einstweilige Verfügung bedeutete jedoch nicht zwangsläufig die Einstellung des Hauptsacheverfahrens, das immer noch anhängig ist: Darin geht es grundsätzlich um die Verletzung des Urheberrechts durch Musiktauschbörsen im Internet und wie Lizenzierungsverfahren bei digitalen Medien aussehen könnten – dies kann sogar dazu führen, dass Napster Lizenzgebühren für die gesamte Zeit des Bestehens der Musiktauschbörse nachentrichten muss, ähnlich wie dies schon MP3.com mit den Majors vereinbarte. Dem Hauptsacheverfahren gegen Napster kommt jedenfalls entscheidende Bedeutung für zukünftige Entwicklungen des Urheberrechts im Internet zu. (jk)