Netzausbau bei E-Plus erstmal ohne HSDPA

Keinen Grund, die Strategie zu wechseln, sieht E-Plus-Chef Thorsten Dirks in Sachen Datendienste. Er will weiter in das UMTS-Netz investieren, HSDPA und andere Beschleuniger sind aber erstmal kein Thema.

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Nicht jedem Hype folgen, sondern beobachten und dann einsteigen, wenn sich ein Trend etabliert hat und schnell Profit verspricht. Das war das Credo des ehemaligen E-Plus-Chefs Michael Krammer, der inzwischen wieder in seiner österreichischen Heimat arbeitet. "Smart Follower" nannte Krammer seine Strategie. Auch bei mobilen Datendiensten gab E-Plus stets den Abwartenden. Während andere Netzbetreiber ihre Netze auf die neuesten Standards aufrüsten, um der nun endlich erwarteten großen Datenschwemme Herr werden zu können, machten sich die Düsseldorfer mit Mehrmarkenstrategie und Discountangeboten an die Eroberung von Marktanteilen. "Innovative Tarife statt technischer Innovation", heißt das bei E-Plus.

Auch Krammers Nachfolger Thorsten Dirks hält Kurs. "Der Kunde wollte bislang vor allem telefonieren und SMS verschicken", sagt der E-Plus-Chef gegenüber dpa-AFX. Allerdings sehe er, dass mobile Dienste an Bedeutung gewinnen. Die Kunden gingen nun verstärkt auch mit ihrem Handy ins Internet. Dieser Trend werde sich "in den nächsten drei bis fünf Jahren" durchsetzen, meint Dirks und will deshalb sein Netz aufrüsten. Dafür will die Tochter des niederländischen KPN-Konzerns laut dpa einen dreistelligen Millionenbereich investieren. Denn die Experten versprechen satte Gewinne: Nach Schätzungen werden in Deutschland in den kommenden Jahren Milliarden für die mobile Internetnutzung ausgeben. Allerdings wäre es nicht das erste Mal, dass sich die Wirtschaftsauguren in den Heilsversprechen des Internets gründlich täuschen.

Das E-Plus-Netz kann zwar dank UMTS auch Daten übertragen, hängt der Entwicklung aber hinterher. Das muss auch Dirks einräumen. Mit dem GSM-Standard GPRS ist kein Bandbreiten-Blumentopf zu gewinnen. Auch UMTS ist ohne Datenbeschleuniger wie HSDPA nicht gerade ein Hochgeschwindigkeitskanal. Trotzdem scheint das den E-Plus-Kunden zu reichen: Von dem gesamten Datenvolumen in den deutschen Mobilfunknetzen, das die vier Netzbetreiber turnusmäßig an die Bundesnetzagentur melden, entfielen immerhin 40 Prozent auf E-Plus, wie Dirks vorrechnet – ohne SMS. Das, so mutmaßt der E-Plus-Sprecher, "könnte auch was mit dem Preis zu tun haben".

Investieren will E-Plus ab 2008 deshalb vor allem in die Reichweite des UMTS-Netzes, das nach Unternehmensangaben bisher 60 Prozent der Bevölkerung erreicht, sowie in die Netzkapazitäten in Ballungsräumen. Eine Beschleunigung des Netzes ist aber so bald nicht zu erwarten. HSDPA werde möglicherweise noch 2008 ein Thema, heißt es in Düsseldorf. Das klingt nicht so, als würde in diesem Jahr noch ein Sendemast aufgerüstet. Bei aller Zuversicht bezüglich der rosigen Zukunft der Datendienste will E-Plus das "Brot- und Buttergeschäft", wie es der Sprecher nennt, nicht vernachlässigen. Auch vom Festnetzgeschäft will E-Plus die Finger lassen.

Doch warnt Dirks auch vor den Risiken. Mit Unternehmen wie Google und Nokia drängen veritable Branchengrößen in das Terrain der Netzbetreiber. Google will Mobilfunkfrequenzen in den USA erwerben und Nokia mit Datendiensten verdienen. Umgekehrt wollen die Netzbetreiber selbst mit neuen Diensten verdienen. Ironischerweise sorgte in diesem Spannungsfeld eine der meistgehypten Neuheiten der jüngeren Vergangenheit für den Sündenfall. Das Vertriebsmodell von Apples iPhone, das den Hersteller an den Umsätzen des Netzbetreibers beteiligt, riss eine bisher unangetastete Grenze ein und weckt nun Begehrlichkeiten auch bei anderen Hardware-Herstellern. In diesem Umfeld müssen sich die Mobilfunkanbieter neu positionieren, meint der E-Plus-Chef: "Ich bin überzeugt, dass nur rund 20 Prozent der heutigen Telcos die Entwicklung überleben werden".

Auch E-Plus muss sich da umgucken, wenn es zu den Überlebenden gehören will. Der Netzbetreiber ist zwar der drittgrößte auf dem deutschen Markt, das aber mit einigem Abstand auf die beiden Marktführer T-Mobile und Vodafone. Eine Fusion mit dem anderen Kleinen, der Telefónica-Tochter O2, kommt aber nicht in Frage. Entsprechenden Gerüchten erteilte Dirks eine Absage, der Markt habe Platz für vier Netzbetreiber. "Mit Telefónica finden keine Gespräche statt", sagte Dirks. In der Vergangenheit habe es allerdings einige Anläufe für einen Zusammenschluss von E-Plus und O2 gegeben, die aber alle gescheitert seien. Dirks zeigt sich aber offen für eine Zusammenarbeit. Allerdings ruhten entsprechende Gespräche mit O2 derzeit. Die würde Dirks gerne wieder aufnehmen: "Ich lade O2 ein, damit wir mehr gemeinsam machen können". (vbr)