Neue Bezahldienste sollen Einkaufserlebnis umkrempeln
Mobiles Bezahlen ist derzeit ein Mode-Begriff, unter den alle Situationen fallen, in denen Handy oder Tablet beim Bezahlvorgang zum Einsatz kommen. Verschiedene Konzepte treten gegeneinander an. Wer sich durchsetzt, ist offen.
FĂŒr den Chef des Bezahldienstes PayPal, David Marcus, sieht Einkaufen in der Zukunft ungefĂ€hr so aus: Man geht zum Beispiel in ein Warenhaus, nimmt, was man braucht, scannt die Strichcodes am eigenen Handy ein â und geht wieder. Kein Anstehen an der Kasse, der Einkauf wurde im Hintergrund abgerechnet. Im CafĂ© lĂ€sst man die Geldbörse in der Tasche, weil die Bedienung einen am Foto in einer App entdeckt. Und sieht man etwas im Schaufenster eines geschlossenen Ladens, wird ein QR-Code abfotografiert und der Artikel kommt per Post.

"Ich wĂ€re schockiert, wenn man in vier Jahren in groĂen StĂ€dten zum Einkaufen noch seine Brieftasche mitnehmen mĂŒsste", sagt der Manager, den die Ebay-Tochter Paypal mit der Ăbernahme seines Mobil-Bezahldienstes Zong einkaufte. "Das funktioniert aber nur, wenn wir nicht nur den Bezahlvorgang, sondern das gesamte Einkaufserlebnis verĂ€ndern." Die US-Firma prescht mit [1] ihren Zukunftsvisionen vor. In Berlin kann man derzeit in mehreren Lokalen das Bezahlen per Gesichtsabgleich nach dem Check-in mit der PayPal-App testen. Im kommenden Jahr sollen die [2] "Beacons" kommen, Mini-Sender, die per Bluetooth-Funk einen Kunden automatisch im Laden erkennen.
Die Eile von PayPal, sein "Betriebssystem fĂŒr den Handel der Zukunft" in die freie Wildbahn zu bringen, hat ihre GrĂŒnde. Die Verbreitung von Handys und Smartphones hat eine neue Einkaufswelt geschaffen: "Kunden können alles jederzeit von allen kaufen", bringt es IT-Analyst George Colony von Forrester Research auf den Punkt. Wer dabei die Kontrolle ĂŒber das Bezahlen hat, kann viel Geld verdienen. Und andere experimentieren schon mit Ă€hnlichen Modellen. So testet der amerikanische Supermarkt-Gigant Wal-Mart an mehreren Standorten seine App "Scan & Go", bei der ein Kunde die EinkĂ€ufe selbst mit seinem iPhone einliest. Und der Berliner Bezahldienst SumUp arbeitet ebenfalls an einem System, bei dem der Kunde am Gesicht erkannt wird.
Viel zu holen
Obwohl der Markt jung ist, geht es jetzt schon um viel Geld. Nach EinschĂ€tzung der Marktforscher von Gartner werden in diesem Jahr weltweit bereits ĂŒber 235 Milliarden Dollar ĂŒber Handy und Tablet umgeschlagen â 44 Prozent mehr als 2012. FĂŒr die kommenden Jahre rechnen die Experten mit jĂ€hrlichen ZuwĂ€chsen von gut einem Drittel, so dass es zum Jahr 2017 um ein Zahlungsvolumen von ĂŒber 720 Milliarden Dollar bei 450 Millionen aktiven Kunden gehen dĂŒrfte.
Derzeit stĂŒrmen Firmen aus allen möglichen Richtungen in das GeschĂ€ft. Google will mit seinem Wallet ebenso dabei sein wie Mobilfunk-Betreiber, die ihre eigenen digitalen Geldbörsen einfĂŒhren. Die Kreditkarten-Riesen Visa und Mastercard haben eigene Systeme zum kontaktlosen Bezahlen und wollen zudem ĂŒber Partnerschaften mit neuen Anbietern im Spiel bleiben.
Dann sind da noch Startups wie zum Beispiel die Firma Loop, die verspricht, Nutzer könnten mit ihrem kleinen ZusatzgerÀt ein Smartphone statt der Bankkarte an nahezu jedem Bezahl-Terminal an US-Kassen einsetzen. Die NFC-Funktechnologie, bei der man sein Handy zum kontaktlosen Bezahlen nur kurz vor ein Terminal halten muss, konnte aber bisher den vielen Vorschusslorbeeren nicht gerecht werden. Immer noch haben zu wenige Smartphones einen NFC-Chip an Bord. Und zu wenige Nutzer setzen ihn ein.
In Deutschland versuchen die drei Anbieter iZettle, SumUp und Payleven umgekehrt, Kartenzahlungen auf Smartphones und Tablets zu etablieren. Der aus Schweden stammende Anbieter iZettle will zum Jahresende rund 100.000 LesegerĂ€te in den Markt gebracht haben. Die anderen nennen bisher keine Zahlen. Bei dem Modell geht es nicht nur darum, dass ein Schornsteinfeger direkt per Handy kassieren kann oder ein CafĂ© ein iPad statt eines klassischen Kassenapparates einsetzt. Ein Vorteil fĂŒr die GeschĂ€fte soll auch die Aufbereitung von Daten zum Strom der Kunden und deren Vorlieben sein, die ĂŒbliche Kassen nicht bieten. (mho [3])
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[2] https://www.heise.de/news/PayPal-laesst-Kunden-automatisch-in-Laeden-einchecken-2063546.html
[3] mailto:mho@heise.de
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