Neue Domains von der ICANN: Nur nichts überstürzen ...

Anderthalb Jahre nach der Auswahl neuer generischer Top Level Domains denkt die ICANN so langsam an die Einführung weiterer gTLDs.

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Von
  • Monika Ermert

Anderthalb Jahre nach der Auswahl neuer generischer Top Level Domains (gTLDs) forderte eine Arbeitsgruppe der Internet Corporations for Assigned Names and Numbers (ICANN) jetzt ein sofortiges und kontinuierliches Monitoring der sieben "Neuen". Außerdem sei eine längerfristige Evaluierung der Erweiterung des Domain Name System und die Diskussion einer neuen Runde neuer TLDs notwendig. Der 58 Seiten starke Bericht enthält noch keine Zeile über die verschiedenen technischen und rechtlichen Schwierigkeiten der Einführung der Neuen, etwa die problematischen Sunrise-Verfahren von NeuLevel und Afilias. Die abschließende Evaluierung verschiebt der Bericht sogar bis ins kommende Jahr. Erst dann sollen Fragen wie die nach dem Einfluss der neuen TLDs auf Performance des DNS, nach der Solidität der Whois-Dienste der Neuanbieter oder den Auswirkungen auf den Domain-Wettbewerb beantwortet werden. Auch ICANNs umstrittenes Auswahlverfahren steht erst dann auf dem Prüfstand der in zwei Dringlichkeitsstufen aufgebauten Evaluation.

Gleichzeitig warnt die Task Force unter Leitung von ICANN-Chef Stuart Lynn davor, dass in einer schnellen zweiten Runde Fehler wiederholt würden, die die Evaluierung zu Tage fördern soll. Da aber die Verzögerungen im TLD-Prozess für Unruhe in der Branche sorgten, soll der Vorstand aber doch schon einmal "erwägen, parallel zu Monitoring und Evaluierung bereits in die Planung für neue Runden von gTLDs und das Sammeln diesbezüglicher Vorschläge einzusteigen".

Zwar haben Einbrüche am Domain-Markt die Rufe nach schnellen TLD-Neueinführungen etwas verstummen lassen, meinen die Task-Force-Mitglieder aus den sieben ICANN-Fachgruppen. Doch die Bewerber, die in der ersten Runde nicht zum Zug gekommen seien, drängten auf eine zweite Chance. "Es könnte notwendig sein, parallel vorzugehen", heißt es in dem Bericht, der stellenweise geradezu defätistisch wirkt: "Angesichts der Komplexität des Prozesses, des Mangels an dafür vorhandenem Personal und der schieren Bewegungslosigkeit des ICANN-Prozesses kann sich die Evaluierung endlos hinziehen."

Bret Fausett, US-Jurist und Autor des ICANN-Blog, bezeichnete es gegenüber heise online als enttäuschend, dass man ein ganzes Jahr gebraucht habe, um ein Verfahren für die Evaluation der neuen TLDs einzuführen. Er denke, dass einzelne im ICANN-Prozess aktive Gruppen die Einführung weiterer neuer TLDs zu verhindern suchten. Man könne das durchaus als Stop-Energy-Kampagne bezeichnen. "Es gibt sicherlich wichtige Fragen, die geprüft werden müssen, aber meiner Meinung nach müsste das zwischen zwei ICANN-Treffen zu machen sein, und nicht erst in einem weiteren Jahr", meinte Fausett. Man solle bereits in diesem Jahr weitere neue TLDs einführen.

Die Task Force fordert dazu auf jeden Fall schon einmal mehr Geld und mehr Personal, passend zu dem kürzlich ebenfalls veröffentlichten Haushaltsansatz der ICANN für 2002/2003, der eine 25-prozentige Erhöhung der Ausgaben vorsieht. Fürs laufende Jahr ist man derzeit noch im mit fast 300.000 US-Dollar im Minus. Den bereits größeren Finanz- und Personalbedarf muss ICANN beim Treffen in Bukarest kommende Woche begründen.

Erste Forderungen von Präsident Lynn nach mehr Geld im Zuge der laufenden ICANN-Reform hatte der ICANN-Führung die Kritik eingebracht, ihr Mandat unverhältnismäßig auszuweiten. Mission, Finanzen und Struktur der Organisation werden in Bukarest für einige Diskussionen sorgen, nicht zuletzt nachdem das Internet Architecture Board (IAB), bislang wichtiges Mitglied der ICANN, jetzt seinen Rückzug aus der DNS-Verwaltung angekündigt hat. (Monika Ermert) / (jk)