Bundesregierung einigt sich auf Strategie für neue Gaskraftwerke
Gaskraftwerke sollen während Dunkelflauten einspringen. Bisher wartete die Industrie auf eine Regierungsstrategie dazu. Nun ist sie da.
Die Bundesregierung hat sich nach langen Verhandlungen auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland geeinigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie vereinbart, auch Festlegungen zu weiteren Vorhaben, teilten die Ministerien mit.
Die Kraftwerksstrategie soll den Rahmen schaffen für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke, die künftig mit Wasserstoff betrieben werden können. Kurzfristig könnten neue Kraftwerkskapazitäten im Umfang von bis zu viermal 2,5 Gigawatt wasserstofffähige Gaskraftwerke (H2-Ready) ausgeschrieben werden. Die Förderungen sollen aus dem Bundes-Sondertopf Klima- und Transformationsfonds finanziert werden. Die Kraftwerke würden etwa zwischen 2035 und 2040 vollständig auf Wasserstoff umgestellt.
Energie in Dunkelflauten
Die neuen Gaskraftwerke sollen während "Dunkelflauten" – wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint – einspringen, um die Stromnachfrage zu decken. Energieunternehmen scheuen bisher aber Investitionen, da sich die neuen Kraftwerke nicht rentieren. Habeck hat sich für eine staatliche Förderung ausgesprochen, die sich im Milliardenbereich bewegen könnte. FDP-Politiker hatten auf die hohen Kosten einer Förderung hingewiesen und "Technologieoffenheit" gefordert.
Möglicherweise vor diesem Hintergrund heißt es in der Mitteilung der Ministerien, um die Entwicklung neuer Technologien wie die Kernfusion und der Erprobung des Betriebs von Kraftwerken zu unterstützen, würden diese mit geeigneten Instrumenten gefördert. Kraftwerke, die ausschließlich mit Wasserstoff laufen, würden bis zu 500 MW im Rahmen der Energieforschung gefördert. Die CO₂-Abscheidung und -speicherung für Verstromungsanlagen mit gasförmigen Energieträgern werde im Rahmen der Carbon-Management-Strategie aufgegriffen.
Die Kosten der Strategie sollen bei ungefähr 16 Milliarden Euro für die nächsten rund 20 Jahre liegen. Zugleich vereinbarte die Regierung vereinbarte, Konzepte für einen sogenannten Kapazitätsmechanismus zu erarbeiten. Eine politische Einigung darüber solle innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden. Über einen solchen Mechanismus könnten Betreiber in einigen Jahren dafür honoriert werden, dass sie Kraftwerkskapazitäten vorhalten.
Ersatz für Kohlekraftwerke
Weiter hieß es, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die in der Strategie enthaltenen Kraftwerke sollten substanziell beschleunigt werden. Auch sollen bestehende Hemmnisse abgebaut werden, die der Errichtung und dem Betrieb von Elektrolyseuren im Wege stehen. "Es darf darüber hinaus keine Doppelbelastungen von Abgaben und Gebühren auf Strom zur Speicherung und Elektrolyse geben, sodass es marktliche und systemdienliche Anreize gibt, Wasserstoff zu produzieren", heißt es weiter in der Mitteilung. Überschussstrom soll uneingeschränkt genutzt werden können.
Die Einigung werde mit der EU-Kommission in Brüssel beraten, schreiben die Ministerien. Bereits im Sommer vorigen Jahres hatte die Bundesregierung eine Strategie für Wasserstoffkraftwerke angekündigt. Seinerzeit hieß es, sie habe sich darüber bereits mit der EU-Kommission beraten. An diese Gespräche will die Bundesregierung nun anknüpfen.
Neue Gaskraftwerke könnten vor allem Kohlekraftwerke ersetzen. CDU, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Kohleausstieg "idealerweise" auf 2030 vorzuziehen, um den Ausstoß klimaschädlichen CO₂ zu verhindern. Bislang ist ein um acht Jahre vorgezogener Ausstieg aber nur im Rheinischen Revier beschlossen. In den Revieren in Ostdeutschland ist er umstritten.
(anw)