Neue Hürde für dreifachen Schadenersatz bei Patentverletzungen in den USA

Das US-Berufungsgericht für Patentfragen hat entschieden, dass ein Kläger einem Gegner eine "objektive Rücksichtslosigkeit" beim Verstoß gegen ein gewerbliches Schutzrecht zum Geltendmachen höchster Ausgleichszahlungen nachweisen muss.

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Das US-Berufungsgericht für Patentfragen hat es schwerer gemacht, bei Patentverletzungen die in den USA prinzipiell mögliche dreifache Schadensersatzsumme geltend zu machen. Laut einer ausnahmsweise von allen Richtern des Court of Appeals for the Federal Circuit gefällten Entscheidung (PDF-Datei) muss ein Kläger seinem Gegner künftig zumindest eine "objektive Rücksichtslosigkeit" beim bewussten Verstoß gegen ein gewerbliches Schutzrecht nachweisen, um die erhöhten Ausgleichszahlungen geltend machen zu können. Das Berufungsgericht revidierte damit eine vor 24 Jahren selbst gemachte Ansage, wonach ein Beklagter nach dem Hinweis auf eine mögliche Patentverletzung eine "positive Pflicht zur gebührenden Sorgfalt" an den Tag legen müsse. Andernfalls sei auch bei einer reinen Nachlässigkeit von einer willentlichen Missachtung geistiger Eigentumsrechte auszugehen und der dreifache Schadenersatz somit möglich.

Der Federal Circuit Court of Appeals hat die höheren Hürden für die Regelung von Ausgleichszahlungen, die schon so mancher Firma schwer zu schaffen gemacht hat und auch auf internationale Unternehmen bei einer Klage in den USA anwendbar war, zugleich noch weiter verdeutlicht. Um den Nachweis der bewussten Rechtsverletzung zu erbringen, muss der Patenthalter demnach auch klar und überzeugend zeigen, dass der Verklagte entgegen der "hohen objektiven Wahrscheinlichkeit handelte", mit seinem Tun ein gültiges gewerbliches Schutzrecht zu verletzen. Weiter sprachen sich die Berufungsrichter dafür aus, einem Kläger das scharfe Schwert einer einstweiligen Verfügung im Streit um Patentverstöße "in manchen Fällen" besser zu verweigern. Es müsse jeweils genau abgewogen werden, ob eine bewusste Schutzrechtsverletzung tatsächlich ausschließlich nach dem Start einer gerichtlichen Auseinandersetzung begann.

Das Berufungsgericht hat mit der Entscheidung einen siebenjährigen Streit an die niedere Instanz zurückverwiesen. In dem Fall verklagten das Massachusetts Institute of Technology (MIT) und die mittelständische US-Firma Convolve den kalifornischen Speichergeräteproduzenten Seagate wegen Verletzung der US-Patente mit den Nummern 4,916,635 und 5,638,267 sowie das in Folge erteilte Schutzrecht 6,314,473.

Bei allen dreien geht es um die Verbesserung von Speichertechniken in dynamischen Systemen. Die Beklagte bat den Patentexperten Gerald Sekimura zudem um schriftliche Stellungnahmen zu den geltend gemachten Schutzrechten, die auch in dem Gerichtsverfahren zum Zug kommen sollten. Convolve verlangte daraufhin, dass Seagate die gesamte Kommunikation auch mit den direkt von den Kaliforniern mit der Verfahrensführung beauftragten Anwälten vorlegen sollte. Dafür sah der Federal Circuit Court of Appeals aber keine Notwendigkeit und kam dem Begehr Seagates zur Geheimhaltung der Interna nach.

Unternehmen, die von Patentklagen betroffen sind, haben damit mehr Freiheiten bei der Einholung von Expertengutachten und der Vorbereitung einer Verteidigungsstrategie erhalten. Bisher versuchten die Anwälte der Patenthalter häufig, mit richterlicher Hilfe früh Einblicke in die Positionierung ihrer Gegner zu erhalten und darauf Vorteile für die Prozessführung zu ziehen. Diese Taktik hat das Berufungsgericht nun erschwert.

Bei den allgemein umkämpften erhöhten Schadensersatzforderungen sucht derweil auch der US-Kongress nach einer Lösung. Der umstrittene interfraktionelle Gesetzesentwurf zur Reform des US-Patentwesens, der im Senat sowie im Repräsentantenhaus bereits vergleichsweise weit vorangekommen ist, sieht ebenfalls an diesem Punkt Einschränkungen vor. Patenthalter sollen demnach einem Gericht unter anderem einen "klaren und überzeugenden Nachweis" erbringen müssen, dass ihre Erfindungen absichtlich kopiert worden sind. Zudem sind sie dem Entwurf nach verpflichtet zu zeigen, dass sie die angeblichen Rechtsverletzer über eine drohende Klage und die beanstandeten Produkte oder Verfahren informiert haben.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)