Neue Ideen für mobile Lebensretter

US-Ingenieure wollen Handystrahlung zur Überwachung menschlicher Vitalfunktionen nutzen. Und eine Forscherin erhält ein Patent auf ein mobiles Notrufgerät.

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Von
  • Klaus Peeck

Nach einer Meldung des New Scientist wollen Ingenieure der Bell Laboratorien Handystrahlung zur Überwachung menschlicher Vitalfunktionen nutzen. Grundlage hierfür ist die Beobachtung, dass bestimmte Anteile der von Handys ausgesandten Mikrowellenstrahlung vom menschlichen Körper reflektiert und dabei einer Art Dopplereffekt unterworfen werden: Die sich ausdehnende Lunge "verdichtet" die reflektierte Strahlung, sodass sich deren Frequenz leicht erhöht, zieht sich die Lunge zusammen, sinkt die Frequenz.

Diesen minimalen Frequenzunterschied zwischen dem Ein- und Ausatmen – er soll sich in einer Größenordnung von einem Hertz auf ein Megahertz bewegen – wollen die Bell-Ingenieure über einen Mikroprozessor isolieren und auswerten. Dabei solle es für die Berechnung ausreichen, das Mobiltelefon einige Sekunden ruhig vor dem Körper zu halten. Eine Telefonverbindung sei für die Messung nicht nötig, vielmehr genüge ein Anruf an das Mobiltelefon des zu Überwachenden: Dem an den Anrufer zurückgeleiteten Klingelsignal könnten die ermittelten Vitaldaten aufmoduliert und so mitübertragen werden. Auf diese Weise könnte auch beispielsweise bei Bewusstlosen eine "Ferndiagnose" gestellt werden.

Auf seiten der Netzbetreiber seien keine hardwaretechnischen Umrüstungen nötig, geben sich die Bell-Ingenieure zuversichtlich, denn die hier in Rede stehende Interferenzstrahlung falle schon heute im Normalbetrieb ohnehin an und werde als unerwünschtes Störgeräusch herausgefiltert. Um diese Signale nutzen zu können, würden demnach lediglich Software-Änderungen bei den Netzbetreibern nötig.

Während das Monitoring der Lungenatmung in der Theorie noch vergleichsweise leicht zu bewerkstelligen sei, sehen Forscher der Universtität Bristol besondere Schwierigkeiten bei der Überwachung der Herzaktivität; diese sei im Vergleich zur Lungenbewegung so schwach, dass sie Gefahr laufe, von den anderen Signalen überdeckt zu werden.

Erste Experimente gelangen den Bell-Ingenieuren mit einem modifizierten Radio, nun soll ein Prototyp gebaut werden.

Eine Idee für ein eigenständiges mobiles Notrufgerät stammt hingegen von der amerikanischen Forscherin Leandra Vicci von der University of North Carolina: Inspiriert durch die hohe Zahl an Raubdelikten in ihrer Heimatstadt Chapel Hill kam ihr die Idee eines kompakten automatischen Notrufmelders, der GPS- und Telefoniefunktionen vereint und mit einem GIS-Server (Geographic Information System) in Kontakt treten kann. Dieser Server übersetzt die empfangenen geographischen Daten in Alltagssprache und kann dann seinerseits telefonisch den Rettungsdienst alarmieren.

Eine Notfallmeldung könnte sich nach Vorstellung der Erfinderin – übertragen auf deutsche Verhältnisse – dann so anhören: "Dies ist die automatische Meldung eines Notfalles von 100 Meter westlich der Straßenkreuzung Marschallstraße und Occamstraße in München. Sie hören jetzt aktuelle Mikrofonaufzeichnungen vom Ort des Notfalls." – Anschließend würde das in dem Notfallgerät eingebaute Mikrofon aktiviert, um dem Rettungsdienst akustische Signale vom Notfallort zu übermitteln.

Gegenüber einem Handy habe ein solches Notrufgerät verschiedene Vorteile, äußerte die Erfinderin. Da weder eine Tastatur noch ein Display wie bei einem Handy nötig seien, werde eine extrem kompakte Bauform möglich. Außerdem könne das Gerät mit einer ausklinkbaren Kordel oder einem Halsband versehen werden, das beim Herausziehen automatisch den Notruf auslöse. Dieser Mechanismus eines stillen Alarms sei wesentlich sinnvoller als ein Notruf via Handy, da das Opfer im Moment des Überfalls kaum die Zeit habe, sein Handy zu zücken, die Notrufnummer zu wählen und anschließend noch das Notruf-Telefonat zu führen. – Auch andere Einsatzbereiche seien vorstellbar, insbesondere bei sportlichen Outdoor-Aktivitäten.

Das US-Patentamt hat der Erfinderin nun ein Patent für einen "Automatischen Notfall- und Positionsmelder" erteilt. Ein Prototyp existiert noch nicht, die Erfinderin hofft aber, ein Unternehmen für eine Zusammenarbeit an einem solchen Projekt zu finden. (klp)