Neuer ARM-Kern für Smartphones

Mit einem neuen CPU-Kern will ARM die Lücke zwischen einem betagten und einem stromhungrigen Smartphone-Prozessor schließen.

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Von
  • Benjamin Benz

Den Cortex-A12 soll es mit ein bis vier Kernen geben.

Die britische CPU-Schmiede will mit einem neuen Kern namens Cortex-A12 die Lücke zwischen dem betagten Cortex-A9 und dem schnellen aber hitzigen Cortex-A15 schließen. Interessanterweise kommt dabei nicht etwa die moderne 64-Bit-Architektur ARMv8 sondern noch einmal die ältere 32-bittige ARMv7 zum Einsatz.

Laut ARM handelt es sich beim Cortex-A12 um ein komplett neues Design, das 40 Prozent mehr Instruktionen pro Taktzyklus durchschaufeln soll als der Cortex-A9. Das wiederum ist exakt der Wert, mit dem ARM ursprünglich für den Cortex-A15 warb. Vom Aufbau her scheint der A12 allerdings näher am A9 als am A15 zu sein: Er arbeitet 2- und nicht 3-fach-skalar. Zudem hat die Pipeline 11 Stufen (A9: 8 bis 11 Stufen; A15: 15 Stufen).

Vom A15 stammen wiederum Virtualisierung und 40-Bit-Adressierung (LPAE). Der Cortex-A12 kann also theoretisch bis zu 1 TByte adressieren. Allerdings arbeitet er weiterhin 32-bittig, weswegen jede Betriebssystem-Instanz maximal 4 GByte sieht. An der maximalen Anzahl von vier Kernen ändert sich nichts.

Genaueres zur Architektur oder der Taktfrequenz verrät ARM noch nicht, das Unternehmen bleibt auch beim Stromverbrauch vage. So heißt es lediglich, dass der Cortex-A12 genauso effizient sei wie der A9. Anders ausgedrückt: Er liefert bei gleicher elektrischer Leistung auch die gleiche Performance. Folglich dürfte er unter Volllast auch bis zu 40 Prozent mehr schlucken. Damit läge er vermutlich aber immer noch ein ganzes Stück unter dem schnellen, aber stromhungrigen Cortex-A15 – das dürfte aber auch für Taktfrequenz und Performance gelten. Einen Teil der Leistungsaufnahme will ARM mit einem big.LITTLE-Gespann aus Cortex-A12 und -A7 auffangen.

Als Grafikpartner stellt ARM dem A12 eine stark abgespeckte Mali-GPU mit Midgard-Architektur zur Seite. Die Mali-T622 bietet zwei Shader-Rechengruppen mit je zwei Ausführungseinheiten (ALUs) und einer TMU. Laut ARM soll die Mali-T622 50 Prozent effizienter sein als die ersten T-600-GPUs, die bereits 2010 vorgestellt wurden – bei einem für Mitte 2014 erwarteten Funktionsblock eigentlich selbstverständlich. Die Mali-T622 versteht laut ARM OpenGL ES 3.0 – die Khronos-üblichen Konformitätstests stehen allerdings noch aus –, OpenVG und die offene GPGPU-Schnittstelle OpenCL. Auch DirectX-fähig ist sie, allerdings lediglich auf dem im Vergleich zu Desktop-Hardware stark abgespecktem Feature-Level 9_3.

Gleichzeitig hat ARM noch einen separaten SoC-Funktionsblock zur Video-En- und Dekodierung vorgestellt: Der Mali-V500 ist auf Full-HD-Material (bis 1080p60) spezialisiert und soll laut ARM dank seiner 8-Kerne theoretisch so leistungsfähig sein, dass er sogar Ultra-HD-Videos mit 3840×2160 Pixeln bei 120 fps wiedergeben könne.

Damit es die Hersteller von Systems-on-Chip (SoC) leichter haben, bietet ARM in Kooperation mit TSMC und Globalfoundries sogenannte Processor Optimization Packs an. Dabei handelt es sich um bereits auf bestimmte (28-nm-)Prozesse angepasste Designs. Derzeit verfügbar sind diese für GF28-SLP und TSMC 28HPM.

Der Cortex-A12 nimmt einen Platz ein, der eigentlich das Austragsstüberl des Cortex-A15 hätte sein können. Zudem fällt auf, dass ARM ab 2014 am oberen und unteren Ende der Performance-Skala 64-Bit-Prozessoren dazwischen aber noch ein 32-Bit-Design platziert.

Der Cortex-A12 zielt auf Mittelklasse-Smartphones. Erste SoCs sollen Mitte 2014 vom Band laufen, fertige Geräte könnte es Ende 2014 oder Anfang 2015 geben. Ein Blick auf das ARM-Portfolio offenbart allerdings ein paar Skurrilitäten: So übernehmen demnächst sowohl am oberen (Cortex-A57) als auch am unteren Ende (Cortex-A53) der Performance-Skala 64-Bit-Kerne. In der Mitte soll dagegen der 32-bittige Cortex-A12 den stromfressenden Cortex-A15 zügig ablösen. Zum Vergleich: Seine Vorgänger Cortex-A8 und -9 führte ARM ursprünglich als High-End-Kerne ein und reichte sie dann Stück für Stück nach unten durch. Der A15 taucht in ARMs mit "Optimal Solutions" betitelten Grafik 2013 erst- und letztmalig auf.

Mit dem Cortex-A15 gelang es ARM zwar erstmals bei der Performance an Intels Atom vorbeizuziehen, allerdings um den Preis einer erstmals höheren Leistungsaufnahme. Mit Silvermont will Intel bei der Effizienz davon ziehen. Diesen Plänen dürfte der Cortex-A12 sicher nicht gefährlich werden. Spannend ist hingegen wie sich der A12 gegen die Krait-Kerne von ARM-Kunde Qualcomm sowie den Apple A6(X) schlägt. (bbe)